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Frauengesundheit in Zeiten wachsender sozialer Ungleichheit - Fachveranstaltung zum 40. Jubiläum des FFGZ

Gesundheitsrisiko Erwerbslosigkeit

Armut macht krank und Krankheit macht arm. Dass ein direkter Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Frauengesundheit besteht wird daran deutlich, dass 90 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten Frauen sind. Allgemein gilt, dass der Gesundheitsstatus mit einem niedrigen sozialen Status sinkt. Betroffene sind häufiger von Nikotin abhängig, treiben keinen Sport und neigen zu Fettleibigkeit - das Erkrankungsrisiko steigt. Gleichzeitig werden gesundheitsfördernde Maßnahmen hauptsächlich von Frauen aus höheren sozialen Bildungsschichten in Anspruch genommen.

Die Jubiläumsfachtagung des Feministisches FrauenGesundheitsZentrum e.V. Berlin (FFGZ) am 15. Oktober 2014 in der Urania in Schöneberg stand unter dem Motto „Frauengesundheit in Zeiten wachsender sozialer Ungerechtigkeit“. Damit wurden wichtige und hochaktuelle Aspekte im Bereich der Frauengesundheit thematisiert. Seit der Gründung im Jahr 1974 geht es darum Wissen und Kompetenz über den eigenen Körper zu vermitteln, Frauenleben vor Medikalisierung zu schützen, sowie Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Ab 1976 informiert das FFGZ durch die Zeitschrift "clio - Die Zeitschrift für Frauengesundheit zu aktuellen Frauengesundheitsthemen".

Das FFGZ bietet seit 2005 speziell für erwerbslose Frauen einen kostenlosen Gesundheitskursus an. Viele Frauen erleben die eigene Erwerbslosigkeit als Belastung. In dem Kurs werden deshalb Gesundheitstipps und Methoden zum Stressabbau vermittelt. Der Kurs dient aber auch zum Austausch mit anderen Betroffenen und soll unter dem Stichwort „Empowerment“ neue Perspektiven für Selbsthilfemöglichkeiten aufzeigen.

Gesundheitsförderung und –versorgung für Migrantinnen

Migranntinnen sind noch stärker von Armutsgefährdung betroffen als Frauen allgemein und haben - oft aufgrund von sprachlichen und institutionellen Barrieren - einen schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem.

Im Vergleich zu Nicht-Migrantinnen (15,7 Prozent) sind 27,2 Prozent der Migrantinnen von Armutsgefährdung betroffen. Im Alter von 65 Jahren steigt die Anzahl sogar auf 31,4 Prozent (11,5 Prozent bei Nicht-Migrantinnen). Damit ergibt sich allein für ein Drittel der Migrantinnen ein Gesundheitsrisiko durch Armutsgefährdung im Alter.

Darüber hinaus führt ein geringer Wortschatz zu Informations-Lücken. Migrantinnen werden oftmals nicht genug über gesundheitliche Eingriffe aufgeklärt oder mit kurzen, nicht ausreichenden Erklärungen „abgespeist“.  Ein Gesundheitsrisiko entsteht zum Beispiel durch unnötige Eingriffe oder Verschreibung von Medikamenten. Verstärkt wird Migrantinnen außerdem eine Kultur des Jammerns und der Schmerzempfindsamkeit vorgeworfen.

An dieser Stelle, und auch in der abschließenden Diskussionsrunde, machten einige Expertinnen darauf aufmerksam, dass nicht alle Migrantinnen gleich sind und eine größere Heterogenität gegeben ist. So wenig wie alle Deutschen oder Frauen gleich seien, seien es Migrantinnen auch nicht. Ein wichtiges Detail, das es in der Debatte über Gesundheitsförderung und -versorgung von Migrantinnen zu beachten gelte.

Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen auf ihre Lebenssituation und Gesundheit

Tatsache ist, dass die Zusammenhänge zwischen Gesundheitsbeschwerden und sexueller Belästigung oftmals nicht hinterfragt werden. Die Leiden reichen von Angststörungen über Suchterkrankungen bis hin zu Bluthochdruck und Ischämiche Herzkrankheiten. Es mangelt auf allen Ebenen an gesellschaftlicher Achtung und Anerkennung der Dimensionen.

Neben Gesundheitsbeschwerden fällt es betroffenen Frauen schwer, neue Freundschaften und Partnerschaften aufzubauen. Damit einher geht eine Abwertung der Lebensqualität.

Das FFGZ schlägt daher den Aufbau eines Traumaforums für Berlin vor zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgungssituation für Frauen nach erlebter sexueller und/oder häuslicher Gewalt..Außerdem müssten eine Unrechtsanerkennung und Strafverfolgung bei sexueller Belästigung und Vergewaltigung in jedem Fall gegeben sein. Hier musste ich unweigerlich an die Schutzlücken im § 177 StGB denken, über die ich mich am 13. Oktober 2014 bereits mit Friederike Strack von LARA vom Krisen- und Beratungszentrum für vergewaltigte und sexuell belästigte Frauen in Berlin-Schöneberg und der Rechtsanwältin Christina Clemm unterhalten habe.

Diskussionsrunde

Im Anschluss an die Impulsreferate von Dr. Cornelia Lange (Robert Koch Institut), Petra Benz (FFGZ Berlin e.V.), Monika Fränznick (FFGZ Berlin e.V.) und Martina Schröder (FFGZ Berlin e.V.) folgte eine Austausch- und Diskussionsrunde mit allen Teilnehmerinnen und weiteren Expertinnen.

40 Jahre Arbeit für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung

Ich freue mich immer wieder zu sehen, welch große und breite Unterstützung das Zentrum findet. 2009 habe ich bereits am 35-jährigen Jubiläum des FFGZ teilgenommen. Die Arbeit des FFGZ schätze ich nicht nur als Berichterstatterin für Frauengesundheit im Bundestag, sondern ich unterstütze die Leitidee des Feministischen FrauenGesundheitsZentrums eine frauengerechte Gesundheitsversorgung zu fördern und Frauen besser über ihren eigenen Körper aufzuklären. Zu Recht wurde das FFGZ in diesem Jahr mit dem Berliner Frauenpreis ausgezeichnet.