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Für eine zukunftsorientierte globale Entwicklung, die auf den Prinzipien von sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit, Demokratie und Partizipation beruht

 Wahlcheck 2017 für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit im Inland

Entwicklungspolitik ist mitten in der Gesellschaft angekommen: Ob bei Flucht und Migration, Klimawandel, Nachhaltigkeit bei Konsum und Produktion, öffentlicher Beschaffung, in der Bildung - globale Herausforderungen müssen auch im eigenen Land gelöst werden. Für die Gestaltung einer sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Welt kommt der Zivilgesellschaft in Deutschland eine entscheidende Rolle zu.

Entwicklungspolitik beginnt bei uns Zuhause, denn unsere Lebensstile und unser Wohlstands- und Wirtschaftsmodell haben Auswirkungen auf die Welt. Gerade jetzt – vor dem Hintergrund von Flucht und Migration – kommt den Akteur*innen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit eine noch wichtigere Rolle zu. Größere Migrationsbewegungen stellen Staat und Bevölkerung vor besondere Herausforderungen. Die aktuelle Situation ist geprägt von Ängsten und Verunsicherungen, vielerorts aber auch von negativer Stimmungsmache und mangelnder Information von Bürger*innen. Genau hier setzt Bildungs- und Informationsarbeit an. Sie hat in den letzten Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten unser Land stärker prägt als Hass gegen Migrant*innen.

agl-Wahlcheck 2017

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hat die Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland (agl) e.V. die Parteien gebeten, zu den Fragen im agl-Wahlcheck Stellung zu nehmen. Der bundesweite Dachverband der 16 Eine Welt- Landesnetzwerke erreicht über ihre Mitgliedsverbände bundesweit rund 10.000 entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen, Initiativen und Vereine.

Der BER Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag e.V. ist das Berliner Netzwerk. Ich danke allen Berliner*innen, die sich in Eine Welt-Gruppen, Initiativen und Nichtregierungsorganisationen organisieren, für ihr Engagement. Eine zukunftsorientierte globale Entwicklung, die auf den Prinzipien von sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit, Demokratie und Partizipation beruht, ist nur so realisierbar. Auch ich bin der Meinung: Es gibt viel zu tun, um bürgerschaftliches Engagement und alternative Handlungsmöglichkeiten für Bürger*innen, Kommunen und Wirtschaft vor Ort in Deutschland zu stärken.

agl fragt – Die SPD antwortet

1.      Stärkung der entwicklungspolitischen Bildungs- und Inlandsarbeit der Zivilgesellschaft

Setzt sich Ihre Partei dafür ein, dass die zivilgesellschaftliche, entwicklungspolitische Bildungs- und Informationsarbeit im Inland gestärkt wird?

Unbedingt. Eine Welt fängt bei uns vor der Haustür an, mit unserem Handeln können wir global Einfluss nehmen. Wir haben uns in den Haushaltsverhandlungen zum Einzelplan des BMZ (2017) bei dem Titel „Förderung der entwicklungspolitischen Bildung“ gegen eine geplante Kürzung seitens des BMZ um 2 Mio. auf 33 Millionen Euro ausgesprochen. Vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030 – auch bei uns in Deutschland – und der Verabschiedung der leider wenig ambitionierten Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie durch das Kanzleramt, darf dieser Titel nicht gekürzt, sondern muss eher aufgestockt werden. Dass dies bei einem noch nie dagewesenen Aufwuchs des Haushalts des BMZ in den letzten Jahren nicht passiert ist, ärgert uns sehr. Der Minister hat aber über die Verteilung seiner Mittel das letzte Wort, unser Einfluss ist hier leider begrenzt. Ein Zuwachs wäre nötig, da u.a. schulische Bildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Bildungsarbeit mit Migrant*innen in Zukunft verstärkt werden müssen.

2.      Faire, öko-soziale Beschaffung verbindlich etablieren und überprüfen

Setzt sich Ihre Partei für eine verbindliche und nachprüfbare Einhaltung sozial-ökologischer Kriterien in der öffentlichen Beschaffung ein?

Die neuen EU-Vergaberichtlinien stärken die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsziele im Rahmen einer strategischen Beschaffung von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu berücksichtigen. Dazu gehören vor allem soziale, ökologische und innovative Aspekte. 

Auf der Grundlage der neuen EU-Vergaberichtlinien sieht das in der laufenden Legislaturperiode verabschiedete Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts bereits vor, dass in jeder Phase eines Vergabeverfahrens, von der Leistungsbeschreibung über die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bis hin zur Vorgabe von Ausführungsbedingungen qualitative, soziale, umweltbezogene oder innovative (nachhaltige) Aspekte einbezogen werden können. 

Dies kommt gerade Auftraggebern und Unternehmen zugute, die ihrer sozialen Verantwortung bis in die Produktions- und Lieferkette hinein nachkommen und sich vor allem dafür einsetzen, dass die Grundprinzipien der Internationalen Arbeitsorganisation zur Beseitigung der Zwangsarbeit und Bekämpfung der Kinderarbeit (ILO-Kernarbeitsnormen) eingehalten werden. 

Der Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags hat auf unsere Initiative hin die Erwartung geäußert, dass diese Stärkung der strategischen Beschaffung immer dort zu Verbesserungen in der Vergabepraxis führen wird, wo Auftraggeber ihrer sozialen Verantwortung Rechnung tragen wollen. Auf dieser Grundlage wird der Ausschuss nach Ablauf von drei Jahren prüfen, ob es zu solchen Verbesserungen in der Praxis gekommen ist. Je nachdem, wie diese Prüfung ausfällt, wird im Vergaberecht an dieser Stelle ggfls. noch nachzubessern sein.

3.       Internationale Verträge nach Nachhaltigkeitskriterien überprüfen

Setzt sich Ihre Partei für einen Nachhaltigkeitscheck internationaler Verträge ein?

Ja, die SPD macht sich dafür stark. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits im Mai 2015 im Rahmen des Agenda 2030-Prozesses ein umfangreiches Positionspapier verabschiedet („Die universellen Sustainable Development Goals (SDGs) gerecht gestalten – eine sozialdemokratische Zukunftsperspektive“). Im Kapitel zu menschenwürdiger Arbeit heißt es: „In allen Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und im Allgemeinen Präferenzsystem der EU sind deshalb  Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren.“ Innerhalb der großen Koalition konnten wir uns mit unserer Fraktionsforderung nicht gegen die Union durchsetzen, da CDU/CSU jegliche Verbindlichkeit und Sanktionsmechanismen kategorisch ablehnte. Uns reicht die bisherige Praxis nicht aus. Meist wird das Thema Nachhaltigkeit in den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unverbindlich im Anhang geregelt. Das ist uns zu wenig. Daher wollen wir, dass die bisherig ausgehandelten EPAs daraufhin überprüft und nachverhandelt werden. Gerade die Zivilgesellschaft muss bei der Implementierung der EPAs gestärkt werden. Monitoring und Beschwerdemechanismen in den Partnerländern müssen im Sinne des SDG 17 eine Starke Rolle ausfüllen können. 

Kanzlerin Merkel und Entwicklungsminister Müller haben das EU-EPA mit dem südlichen Afrika (SADC) Ende April 2017 am Kabinettstisch gezeichnet, generieren sich aber seit neustem in der Öffentlichkeit als Verfechter von Neuverhandlungen. Dies passt nicht zusammen. Ein weiteres Beispiel, dass Wort und Tat bei der Union nicht zusammenpassen. 

Deutlich wurde dies auch bei der Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). In letzter Minute versuchte das Finanzministerium unter Leitung von Herrn Dr. Schäuble jegliche Verbindlichkeit bei den unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der globalen Lieferketten zu streichen. Wir konnten dies, auch dank der sozialdemokratischen Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Frau Dr. Kofler, verhindern. Der NAP ist nicht so ambitioniert wie wir es wollten, aber bei dem Verhalten der Union sind wir erst einmal froh, dass er auf unser Drängen hin im Dezember 2016 von der Bundesregierung beschlossen wurde.

Sollten wir an Einfluss im nächsten Bundestag gewinnen, wäre eine Neuauflage des NAP durchaus denkbar.

4.      Nachhaltigkeit im Grundgesetz verankern 

Setzt sich Ihre Partei für die Aufnahme des Nachhaltigkeitsprinzips in das Grundgesetz ein?

Die SPD teilt das Anliegen, den Bedürfnissen künftiger Generationen in der Politik stärker Rechnung zu tragen. Die Aufnahme des Nachhaltigkeitsprinzips in das Grundgesetz erscheint jedoch nicht zielführend. Für das aus der Forstwirtschaft entlehnte Prinzip der „Nachhaltigkeit“ sind unabsehbar viele Anwendungsmöglichkeiten denkbar. Das „Prinzip der Nachhaltigkeit“ ist abstrakt, kaum greifbar und in verfassungsrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt. Die SPD bezweifelt daher, dass mit der Aufnahme des Nachhaltigkeitsprinzips in das Grundgesetz eine Verpflichtung auf eine konkrete Politik bzw. auf konkrete Maßnahmen zu erreichen ist.

5.      Nachhaltigkeit im Gemeinnützigkeitsrecht verankern

Setzt sich Ihre Partei für die Verankerung von Nachhaltigkeit im Gemeinnützigkeitsrecht ein?

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist ausreichend geregelt und in der Praxis erprobt. Der Begriff der Nachhaltigkeit alleine definiert noch keine Tätigkeit eines Vereins, die - zusammen mit den Zielen - Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist. Ein Verein, der sich nachhaltigen Zielen widmet, kann im Übrigen bereits heute als gemeinnützig anerkannt werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Daher sehen wir keinen steuerrechtlichen Handlungsbedarf.

6.      Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2035

Setzt sich Ihre Partei für den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2035 ein?

Wir setzen uns für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung ein, legen uns aber nicht auf ein Datum fest. Wir fördern im Rahmen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes den Wechsel von Kohle- zu gekoppelten Gaskraftwerken. Der Steinkohlebergbau in der Bundesrepublik endet in 2018. Wir haben hocheffiziente Kohlekraftwerke, die aus wirtschaftlichen Gründen noch einige Jahre weiterlaufen werden. Andere Kohlekraftwerke, die nicht mehr zur Energieversorgung benötigt werden, gehen in die Kapazitätsreserve, die wir im Rahmen des Strommarktgesetzes beschlossen haben. Das gleiche gilt für die Braunkohlekraftwerke, die schrittweise in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden. Der Braunkohletagebau wird nicht erweitert, die Braunkohle in erschlossen Flächen noch abgebaut. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung geben die Richtung für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung vor.