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Anträge zu Gesundheit, Pflege und Inklusion im Deutschen Bundestag

Knapp 14 Tage nach dem ersten „Tag für Menschen mit Behinderung“ des Deutschen Bundestages war die vergangenen Sitzungswoche im Deutschen Bundestag geprägt von behindertenpolitischen Anträgen und Leistungsverbesserungen für pflegebedürftige Menschen.

Mit dem am 9. November verabschiedeten „Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs“ erhalten Pflegebedürftige die Möglichkeit, sich von im so genannten "Arbeitgebermodell" beschäftigten Assistenzpflegekräfte nicht nur im Krankenhaus sondern in Zukunft auch in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen pflegen zu lassen. Konkret bedeutet das: Das Pflegegeld der sozialen Pflegeversicherung sowie die Hilfe zur Pflege durch die Sozialhilfe werden für die Dauer dieser Aufenthalte weitergezahlt.

Obwohl dies eine Verbesserung für die Betroffenen darstellt,  steht für uns als SPD-Bundestagsfraktion fest, dass auch AssistenzpflegerInnen, die nicht per Arbeitgebermodell beschäftigt sind, von einer Neuregelung profitieren sollen. So beschäftigen viele Menschen mit geistiger Behinderung, die pflegebedürftig sind, keine PflegeassistentInnen im Arbeitgebermodell und profitieren von diesem Gesetz nicht.

Behindertenpolitische Debatte im Deutschen Bundestag mit drei Anträgen der SPD-Fraktion
Am 9. November fand im Bundestag außerdem eine behindertenpolitische Debatte statt, in der drei Anträge der SPD-Fraktion beraten wurden: „UN-Konvention jetzt umsetzen - Chancen für eine inklusive Gesellschaft nutzen“ (Drs. 17/7942), „Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit - Behindertenrechtskonvention umsetzen und Entwicklungszusammenarbeit inklusiv gestalten“ (Drs. 17/89269) und „Das Menschenrecht auf inklusive Bildung in Deutschland endlich verwirklichen“ (Drs. 17/10117).

Ich unterstütze die Aussagen von Ulla Schmidt aus der Antragsdebatte. Unsere frühere Bundesgesundheitsministerin und jetzt neugewählte Bundesvorsitzende der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung hat klar formuliert, dass Menschenrechte nicht teilbar sind. Sie gelten gleichwertig für Menschen mit und ohne Handicaps. Die UN-Behindertenrechtskonvention muss sich in allen Gesetzen wiederfinden, damit sich die Gesellschaft und auch die Infrastruktur in unserem Land veränderten. Denn: Die inklusive Gesellschaft bedeutet Chancen nicht für wenige, sondern für die ganze Gesellschaft, für alle Bürgerinnen und Bürger.

Wir haben als SPD-Bundestagsfraktion einen konkreten Maßnahmenkatalog formuliert, den die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan verankern soll. Die schwarz-gelbe Regierung ist aufgefordert, dazu jeweils konkrete Umsetzungsperspektiven, insbesondere auch für die öffentlichen Haushalte, zu  konkretisieren. Wir warten noch auf die Umsetzung.

„Tag der Menschen mit Behinderung“ - Handlungsbedarf bei Gesundheit und Pflege
Am 26./27. Oktober fand im Paul-Löbe-Haus der erste „Tag der Menschen mit Behinderung“ des Deutschen Bundestages statt. In thematisch gegliederten Arbeitsgruppen wurden Herausforderungen, die mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den verschiedenen Lebens- und Politikbereichen auftreten, diskutiert.

Für die teilnehmenden Expertinnen und Experten in eigener Sache der Arbeitsgruppe Gesundheit sind folgende Themen von Belang: die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, der Ausbau der Assistenzpflege und der Bedarf an hauswirtschaftlichen Dienstleistungen. Mitdiskutiert werden auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.

Bevor die ausführlichen Ergebnisse der Beratungen vom Deutschen Bundestag in einer Broschüre zusammengestellt und voraussichtlich Ende des Jahres veröffentlicht werden, finden Sie im folgenden schon eine Kurzzusammenfassung der Arbeitsergebnisse „Gesundheit“ mit entsprechenden Forderungen:

Thema Heil- und Hilfsmittel
Freier Zugang zu bestmöglichen medizinischen Leistungen (UN-Behindertenrechtskonvention)

  • Orientierung der medizinischen Versorgung am individuellen indikationsbezogenen Bedarf (qualitativ und quantitativ angemessene Hilfsmittelversorgung)
  • Wohnortnahe, verlässliche Versorgung mit Hilfsmitteln
  • Individuelle, zeitlich angemessene Begutachtung durch geschulte und nicht-anonyme Gutachter (Schulung des medizinischen Dienstes in Behindertenangelegenheiten)
  • Budgetierung
  • Aufhebung der Rabattverträge
  • Einführung von Wahlfreiheit sowohl bei Produkten als auch bei Anbietern
  • Transparente Entscheidungsfindung mit Begründung
  • Vereinheitlichung der Entscheidungsträger
  • kürzere Verfahrensdauer bei Entscheidungsprozessen
  • Einbeziehung von Behindertenverbänden in die Verwaltungsräte der gesetzlichen Krankenkassen

Thema  Assistenzbedarf (Haushaltshilfe)

  • Unabhängige Information der Betroffenen
  • Ombudsleute speziell für Behinderte
  • Ausbau der Servicepunkte
  • Bessere Umsetzung und harmonisierte Anwendung der gesetzlichen Vorgaben (SGB IX, XI und XII) in den Ländern
  • Einheitliche Standards bei der Bewilligungspraxis
  • Schulungen und Weiterbildung der Behördenmitarbeiter
  • Umfassende Assistenz in allen Lebensbereichen, orientiert an den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen
  • Gleichbehandlung aller Modelle bei der Assistenzpflege
  • Mehr Qualität bei den Pflege/Assistenzdiensten
  • staatlich finanzierte illegale Beschäftigung stoppen
  • und dadurch kontinuierliche Betreuung durch den gleichen Betreuer sichern

Thema: Psychische Erkrankungen

  • Notwendige psychotherapeutische Hilfe/Betreuung zeitnah ambulant, stationär und teilstationär anbieten (derzeit zu lange Wartezeiten)
  • Therapie auf individuelle Bedürfnisse abstimmen
  • sprechende Medizin vor Psychopharmaka
  • keine Deckelung der Anzahl der Sitzungen
  • Stärkung der Selbsthilfe unter Einbeziehung der Tagesstätten unerlässlich.
  • Versorgungsforschung verstärkt auf psychisch-therapeutische Bedürfnisse/Behandlungen ausrichten

Im Rahmen der Gestaltung des Patientenrechtegesetzes sollen die Belange von Menschen mit Behinderung einschließlich psychisch kranker Menschen in allen Bereichen berücksichtigt werden.