Hauptmenü

SPD Spandau: Senior*innenfachtag zum Thema Pflegestärkungsgesetz II+III- Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht

Die Pflegestärkungsgesetze haben deutliche Verbesserungen für Pflegebedürftige, für pflegende Angehörige und für professionell Pflegende gebracht. Aber sie dürfen noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Diese Botschaft habe ich auf der Seniorenfachtagung dem Thema „Informationen rund um das neue Pflegestärkungsgesetz“ deutlich gemacht. Die Veranstaltung fand am 14. Juni 2017 im Spandauer Dr. Hermann-Kantorowicz-Haus statt. Auf Einladung von Raed Saleh, Kreisvorsitzender der Spandauer SPD, MdA und SPD-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, habe ich über die die wichtigsten Änderungen und Neuerungen, die sich aus den neuen Pflegegesetzen ergeben, referiert. Gemeinsam mit Raed Saleh, Swen Schulz, MdB und Detlef Schuster, Kreisvorsitzender der AWO Spandau, fand ein spannender Austausch statt. Das besonders Spannende waren wieder die Fragen und Anmerkungen rund um das Thema Pflege und Betreuung der zahlreich anwesenden Gäste.

Informationen rund um die neuen Pflegestärkungsgesetze

Als Pflegebedürftige*r oder Angehörige*r von Pflegebedürftigen ist es wichtig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Pflege zu kennen und über Veränderungen hinsichtlich der Leistungserbringungen in der Pflege gut informiert zu sein.

Mit der Verabschiedung der Pflegestärkungsgesetze (PSG) II – III haben sich für Pflegende, Angehörige und Pflegeempfangende viele Veränderungen ergeben. Zum 1. Januar 2017 ist mit dem Pflegestärkungsgesetz II die bisher größte Reform der Pflegeversicherung mit grundlegenden Veränderungen und Verbesserungen im Pflegesystem in Kraft getreten. Seit dem 1. Januar 2017 werden die bisherigen drei Pflegestufen durch 5 neue Pflegegrade ersetzt. Durch die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs rücken die individuellen Beeinträchtigungen und Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt von Pflege und soziale Teilhabe. Damit dies auch gelingt, wird durch das PSG III die Pflegeberatung gestärkt und die Zusammenarbeit der Verantwortlichen in den Kommunen ausgebaut.

Die Neuerungen aus den Pflegestärkungsgesetzen zeigen bereits Wirkung. Allein im ersten Quartal dieses Jahres haben die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) deutschlandweit bereits 222.178 Begutachtungen nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umgesetzt. Die Bilanz bei den Gutachter*innen, Betroffenen und ihren Angehörigen fällt dabei durchweg positiv aus.

Diese Senior*innenfachtagung mit dem Titel „Informationen rund um das neue Pflegestärkungsgesetz“ ist eine Veranstaltung, so recht nach meinem Herzen. Schließlich müssen die unterschiedlich Betroffenen über die neuen Möglichkeiten in der Pflege informiert werden, damit sie in Zukunft von den Neuerungen profitieren können. Auch hier gilt: Aufklärung und Bildung ist fast alles. Nur mündige Bürger*innen profitieren von den komplexen Leistungsverbesserungen.

Pflege geht uns alle an

Wir müssen uns nicht nur auf die Jugend, sondern auch mehr auf die Pflege konzentrieren, machte Raed Saleh deutlich. Denn Pflege ist ein gesellschaftlicher Wert, der uns alle angeht. Ich stimme Raed Saleh zu, denn jede*r von uns kann im Laufe seines Lebens in die Situation kommen, dass wir selbst Pflege benötigen, unabhängig davon ob Zuhause, im Krankenhaus oder in einer stationären Pflegeeinrichtung.

Die neuen Pflegestärkegesetze haben deutliche Fortschritte und Verbesserungen gebracht, betonte auch Detlef Schuster von der AWO und bedankte sich dafür. Mit den Pflegestärkungsgesetzen wurde endlich auch mehr Gerechtigkeit für psychisch Kranke und Demenzpatient*innen geschaffen, die durch die vorherige Pflegegesetzgebung diskriminiert und benachteiligt wurden.

Es ist noch lange nicht genug

Ich habe deutlich gemacht, dass die Pflegestärkungsgesetze dennoch nicht das Ende der Fahnenstange sein dürfen. In der Pflegepolitik müssen zukünftig auch die veränderten Familien- und Haushaltsstrukturen Berücksichtigung finden. Viele Eltern wohnen im Alter nicht mehr in der Nähe ihrer Kinder oder wollen ihren Kindern nicht als Pflegebedürftige zu Last fallen. Zunehmend individuelle Lebensstile mit unterschiedlichen Interessen machen zudem eine kultur-, aber auch sexualsensible Pflege notwendig. Daher bedarf es einer Veränderung des politischen Blickwinkels. Das bedeutet auch, dass auf die individuellen Bedürfnisse der Pflegenden besser eingegangen werden muss. Für eine menschenwürdige Pflege muss auch ein gewisses Maß an Flexibilität möglich sein. Ich begrüße, dass es in vielen Pflegeeinrichtungen bereits einige Lockerungen gibt, die den Bewohner*innen mehr Annehmlichkeiten und Abwechslung im Alltag ermöglichen. Dazu zählt zum Beispiel die Haustierhaltung, aber auch ein gemäßigter Alkoholgenuss.

Die Pflege als Wirtschaftsfaktor

Wir müssen uns auch vor Augen halten, dass die Pflege ein wichtiger Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor in unserer Gesellschaft ist. Obwohl der Bedarf an Pflegefachkräften stetig steigt und die Pflegebranche zu den zukunftsträchtigsten Branchen zählt, sind die Arbeitsbedingungen in vielen Bereichen der Pflege nach wie vor schlecht. Vor allem die fehlende Anerkennung einzelner Berufsbilder, wie der Altenpflege, in anderen EU-Ländern führt zu einer Senkung der Attraktivität der Pflegeberufe. Trotz des Pflegemangels werden wiederum viele ausgebildete Fachkräfte aus anderen europäischen Ländern in Deutschland nicht anerkannt. Die SPD fordert daher statt Spezialisierungen eine generalistische Ausbildung, die allen Fachkräften die gleichen Rahmenbedingungen für ihren beruflichen Werdegang ermöglicht. Das in dieser Woche vom Bundestag verabschiedete Pflegeberufereformgesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch es müssen noch weitere Schritte folgen damit Pflegefachkräfte, Pflegebedürftige und Angehörige ausreichend Unterstützung erhalten.

Gute Pflege - Eine Frage des Geldes?

Ich habe in meiner Rede auch deutlich gemacht, dass es immer noch einen gravierenden Zusammenhang zwischen guter Pflege und der Bildungspolitik gibt. Im Durchschnitt sterben ärmere Menschen früher als Menschen, die über ein besseres Einkommen verfügen. Wer wohlhabend ist, bekommt in der Regel auch eine bessere medizinische und pflegerische Versorgung, nicht nur im Alter. Für Frauen ist die Gefahr im Alter unter Altersarmut zu leiden besonders hoch. Die Bedürftigkeit beginnt dabei oft als schleichender Prozess durch eine Sandwich-Situation, mit der viele Frauen in der Lebensmitte konfrontiert sind. Sie müssen nicht mehr nur Verantwortung für die eigenen Kinder übernehmen, sondern zunehmend auch die eigenen Eltern pflegerisch unterstützen. Diese Doppelbelastung führt dazu, dass viele Frauen gezwungen sind beruflich kürzer zu treten und auf Teilzeit zu gehen, mit der Folge im Alter auch weniger Rente zu bekommen. Ich habe das Publikum gebeten einmal zu schätzen wie hoch die Summe, der durch Frauen geleisteten Umsonstarbeit in diesem Bereich ist: Es sind 44 Milliarden Euro jährlich.

Die Zahlen machen deutlich, dass die pflegenden Angehörigen immer noch eine tragende Rolle in unserer Gesellschaft spielen. Ohne die beträchtliche Umsonstarbeit der Frauen würde das staatliche Sozialsystem zusammenbrechen. Diese Ungerechtigkeit auf Kosten der Frauen darf es in unserem Sozialstaat nicht geben.

Die SPD wird sich auch in der nächsten Legislaturperiode weiterhin für eine existenzsichernde Erwerbsarbeit stark machen, die der Altersarmut und Einkommensdiskriminierung entgegen wirkt. Wir sind bereits auf einem guten Weg, doch es bedarf es noch mehr Unterstützung für Pflegende und Angehörige und politische Wachheit für das Thema Pflege, um die Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Die bestmöglichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, das ist das Ziel der SPD-Bundestagsfraktion, auch in der nächsten Legislaturperiode.