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Berlin - Stadt der Frauen

Auch in diesem Jahr wurde der Neujahrsempfang der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin - Stadt der Frauen wieder zu einem who is who aus allen Bereichen der weiblichen Berliner Zivilgesellschaft und Politik. Und das besonders tolle: Die vielen Gespräche zwischen Frauen aus dem Bundestag, dem Berliner Abgeordnetenhaus, aus Gewerkschaften, Hochschulen, der Wissenschaft, den Medien, der Wirtschaft, aus Frauenprojekten, Betrieben und weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens sind einfach immer wunderbar anregend. Wir alle profitieren von dieser überparteilichen und generationsübergreifenden Zusammenarbeit. Mein herzlicher Dank für diesen gelungenen Event geht an den ÜPFI-Vorstand, insbesondere an Carola von Braun.

Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Ralf Wieland, ließ es sich an diesem 24. Februar 2016 nicht nehmen, hunderte Frauen persönlich im Berliner Abgeordnetenhaus zu begrüßen. Er verwies darauf, dass er die liebevoll ÜPFI genannte Fraueninitiative sehr schätze. Die Geburt des überparteilichen Zusammenschlusses von Parlamentarierinnen erfolgte 1992 im neuen Vereinigten Berliner Abgeordnetenhaus. Die Idee beruhte auf den schwierigen Erfahrungen mit der damals noch starken männlichen Dominanz in Parteien und Parlamenten. Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen und - damals aus „Ost“ und „West“ - hinaus sollte Frauenpolitik stärken und voranbringen. Im kommenden Jahr werde der 25. Geburtstag gefeiert. Er hoffe sehr, dass zu diesem besonderen Anlass der Festsaal des Abgeordnetenhauses wieder zur Verfügung stehe.  

Geflüchtete in Berlin willkommen heißen und bei der Integration helfen

„Die Ankunft tausender geflüchteter Menschen in Berlin stellt uns alle vor Herausforderungen. Wir müssen das Viele sehen, was schon geschafft ist, und das, was noch zu tun ist.“, so Carola v. Braun, die Sprecherin der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin - Stadt der Frauen e.V. . Sie dankte den vielen Hauptamtlichen als auch den vielen Ehrenamtlichen für ihre geleistete und auch in Zukunft notwendigerweise zu leistende Arbeit. Wir alle sähen die Aufgaben, die im Kontext der Registrierung während eines Asylantragsverfahren seitens der Geflüchteten zu erledigen sind. Hier müssen sicherlich noch zahlreiche Verbesserungen erfolgen. Die größte Aufgabe, an der wir uns auch alle beteiligen können, sei aber die der Integration, sei das Leben auch außerhalb der Erstaufnahmestellen. Geflüchtete Menschen in die „Regelversorgung“ der Kitas, Schulen, Ausbildungs- und Arbeitsplatzstrukturen aufzunehmen sei die wahrlich große Herausforderung. Wir bräuchten eine Zivilgesellschaft, die niemanden alleine lässt.

Die Individualität der geflüchteten Frauen sehen

Diesjährige Ehrengäste waren Claudia Henniges, Sprecherin der Initiative „Moabit hilft“ und Bezirksstadträtin Sabine Smentek (SPD), Abteilung Jugend, Schule, Sport und Facility Management. Das Verbindende zwischen den beiden Frauen ist das LaGeSo, das Landesamt für Gesundheit und Soziales, welches für seine monatelangen schrecklichen Zustände bundesweite Bekanntheit erreicht hatte.

„Die geflüchtete Frau gibt es nicht!“, betonte Claudia Henniges. Hier in Berlin kommen viele Frauen mit jeweils individuellen Biografien an: auf die alleinreisende 18-jährige auf der Flucht mehrmals vergewaltigte Somalierin, auf die 33-jährige Mutter, die mit ihren drei Kindern die Flucht aus Syrien bewerkstelligt hat, auf die Rettungsschwimmerin, die ein Schlauchboot kilometerlang durchs Meer zog, dadurch mehrere Menschen rettet und dann auf Lesbos 7 Monate warten musste, bevor sie ihre Flucht fortsetzen konnte.

Flüchtlingsfrauen haben einen Anspruch auf Schutz in Deutschland, auf psychosoziale Unterstützung und Gesundheitsversorgung. Dieses Recht werde für vulnerable Flüchtlingsgruppen wie Frauen aber in der Realität häufig nicht umgesetzt, obwohl gerade für sie das Europäische Unionsrecht besondere Maßnahmen verlange.

Jede der Frauen habe multiple Probleme. Sie seien nicht „unterentwickelt“, sondern vielmehr vorwärtsdrängend. Das was uns unterscheide sei vorrangig Sprache und Kultur – aber mehr nicht. Henniges appellierte: „Lassen wir doch die Frauen nicht alleine! Schaffen wir eine Willkommenskultur, stärken wir ihre Rechte.“.

 „Das sind meine Heldinnen!“, meinte eine Teilnehmerin in der anschließenden Diskussion.

„Der Staat darf keine Verletzungen des Kinderschutzes zulassen“

Sabine Smentek, Bezirksstadträtin im Berlin-Mitte, hatte sich im November des vergangenen Jahres einmal öffentlich wie folgt geäußert: "Ich habe ja dem Sozialsenator von Berlin, Herrn Czaja, zwei Briefe geschrieben und in dem einen Brief habe ich geschrieben, dass ich jedes private Unternehmen, dass für eine solche Wartesituation verantwortlich wäre, zumachen könnte bzw. verbindliche Auflagen erteilen könnte, damit hier nicht Kinder auf der Straße stehen und liegen und so lange warten müssen. Dass man Kinder vor einer Behörde schützen muss, hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen."

Ihre Helden seien auch die MitarbeiterInnen ihrer Verwaltung, so zum Beispiel Herr Schmidt aus dem Jugendamt. Er sei zuständig für unbegleitete minderjährige AusländerInnen (UMA). Diese haben einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung. In den Notunterkünften in Berlin wurden bis Ende Dez. 2015 ca. 4000 UMA untergebracht, schätzungswiese sind ca. 1700 UMA bereits volljährig oder werden dieses in Kürze. Oder aber sie verlassen Berlin wieder. Für das Jugendamt Mitte habe es bis Ende Dezember rund 200 unbegleitete Minderjährige gegeben. Für Herrn Schmidt habe sich die Anzahl der UMA´s, für die er Verantwortung trage, verachtfacht. Für die UMA´s müssten Wohnungen zur Verfügung gestellt werden, müssten Träger gefunden werden, die die Aufgabe sach- und fachgerecht angehen. Auch beständen Bedarfe an weiteren Unterbringungsmöglichkeiten mit niedrigschwelliger Betreuung und beruflicher Qualifizierung für Jugendliche und junge Volljährige. Allen sei klar, dass das Gelingen der Integration der Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen von ihrer Integration in Schule und Ausbildung abhängt. Sie brauchen eine aussichtsreiche Perspektive.

Sabine Smentek erinnerte daran, dass - auch unter dem Beifall der Berliner Bevölkerung - im Öffentlichen Dienst sehr gekürzt worden sei. In Krisen- und Umbruchzeiten falle erst richtig auf, wie bedeutsam ein guter Öffentlicher Dienst sei.

Auch sie plädierte dafür, dass keine der vulnerablen Gruppen gegeneinander ausgespielt werden dürfe.