Hauptmenü

„In diesem Land findet tagtäglich Diskriminierung statt“ - Diskussion in der AG Selbst Aktiv der SPD

„Diskriminierung ist kein Bagatelldelikt“ konstatiert Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (LADS) des Landes Berlin, im Rahmen der regen Diskussion bei „AG Selbst Aktiv - Behinderter Menschen in der SPD Berlin“. Die Landesstelle arbeitet auf der Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und koordiniert die Antidiskriminierungsarbeit des Senats.

„Aktiv gegen Diskriminierung von Menschen mit Behinderung?“ lautete das Schwerpunktthema beim monatlichen Treffen der „AG Selbst Aktiv - Behinderter Menschen in der SPD Berlin“ am 05. September in den Räumlichkeiten des AWO-Landesvorstand, Blücherstraße. Profunde GesprächsteilnehmerInnen für die in der AG Selbst Aktiv organisierten Menschen mit und ohne Handicaps waren Eren Ünsal und Herr Martin Dittmar-Dahnke von der Antidiskriminierungsstelle des Landes Berlin. Zu deren Aufgaben gehört es, die Berlinerinnen und Berliner noch besser über ihre Rechte aufzuklären und ihnen Mut zu machen, sich bei Diskriminierungen zu wehren. Schwerpunkte der Antidiskriminierungsstelle sind die Prävention und Sensibilisierung, die Stärkung der Selbsthilfe- und Beratungsinfrastruktur durch Fortbildungen sowie der Abbau struktureller Diskriminierung in Verwaltung und Gesellschaft.

Aktiv gegen Diskriminierungserfahrungen
Diskriminierungserfahrungen haben die Mitglieder der AG Selbst Aktiv selber zahlreich: „Gibt es Schwerbehinderte 1. und 2. Klasse?“ wird gefragt und auf die unterschiedlichen finanziellen Regelungen des SGB IX und SGB II verwiesen; „Gehörlose werden aus dem freiwilligen Engagement gedrängt, da ihnen keine bedarfsgerechte Unterstützung gewährt wird“; „Von einem Tag auf den anderen saß ich im Rollstuhl - immer muss ich mich bemerkbar machen, sonst nimmt mich niemand mit meinen neuen Bedürfnissen wahr“; „Ich finde es diskriminierend, wenn ich als behinderter Mensch zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werde, aber von vorneherein feststeht, dass ich nicht genommen werde“ - so nur einige der Erfahrungsberichte.

Alles mündete in der Forderung: „Wir wollen nicht nur, dass Berlin behindertengerecht ist. Wir wollen, dass Berlin eine barrierefreie Stadt wird“.

Neue Beratungsstelle gegen Diskriminierung
Erfreulicherweise wird es in Berlin demnächst eine weitere Beratungsstelle gegen Diskriminierung geben. Diese wendet sich vor allem an Menschen mit Behinderungen und an diejenigen, die wegen ihres Lebensalters diskriminiert werden. Die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin, der Dachverband der Berliner Behindertenselbsthilfe, wird diese Beratungsstelle am 05. November eröffnen.

Viele hat erstaunt, wie drängend der Bedarf ist, gegen Lebensalterdiskriminierung vorzugehen: Einer Untersuchung der LADS zufolge gab es in Berlin rund 1500 Gesetze und Verordnungstexte, die Altersgrenzen beinhalten - davon waren 138 Regelungen nicht erklärbar. Es steht fest: Von diesen hatten definitiv ein Drittel strukturelle Diskriminierung zur Folge und werden nun geändert, ein Drittel hatte bei Nachfrage dann doch einen Sachgrund und ein weiteres Drittel befindet sich aktuell noch in der Überprüfung.

Wesentliche Erkenntnisse waren auch:

  • es bedarf einer viel stärken gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung mit den Phänomenen der Mehrfachdiskriminierung,
  • jedes der Diskriminierungsmerkmale hat einen noch größeren Diskriminierungseffekt, wenn es mit Armut gekoppelt ist.

Um eine wirklich diskriminierungsfreie inklusive Gesellschaft zu werden, bedarf es noch zahlreicher bundes- als auch landesgesetzliche Regelungen. „Wir müssen auf allen föderalen Ebenen eine noch viel stärkere gesellschaftspolitische Auseinandersetzung führen, um den vielen Gesichtern von Diskriminierung wirksam entgegenzutreten“, fordert Mechthild Rawert (MdB), Mitglied des Vorstandes der Berliner AG Selbst Aktiv.