Hauptmenü

Es besteht erheblicher Bedarf an sozialen Nachteilsausgleichen

Diskussion im Parlamentarischen Begleitgremium über gesundheitliche und soziale Dimension der Covid-19-Pandemie

Die gesundheitliche und soziale Dimension der Pandemie stand im Mittelpunkt der öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Begleitgremiums zur Covid-19-Pandemie am Donnerstag, dem 17. Juni 2021.
Einhellig die Meinung der Sachverständigen: Die soziale und ökonomische Lebenslage der Menschen schon vor der Corona-Pandemie entscheidet im großen Maße mit über die die sozialen, wirtschaftliche und auch gesundheitlichen Folgen während und nach der Pandemie. Mittlerweile ist erwiesen, dass die Menschen aus sozio-ökonomisch schlechter gestellten Verhältnissen häufiger im Krankenhaus, häufiger auf den Intensivstationen waren als Menschen aus bessergestellten Lebenslagen. 

Für uns Sozialdemokrat*innen ist der Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und ungleiche Gesundheitschancen schon immer Anlass zur Neugestaltung von Verhältnissen gewesen. Neuere Studien belegen diesen Zusammenhang nun auch hinsichtlich der Schwere der Sars-Cov-2-bedingten Krankheitsverläufe, dem Wirken der Maßnahmen des Infektionsschutzes und auch bei der Impfkampagne. Um allen die gleichen Chancen auf einen Wiedereinstieg in ein „normales“ Leben zu geben, wird es nötig sein, sehr gezielte Maßnahmen an sozialen Nachteilsausgleichen zu entwickeln und finanziell ausreichend auszustatten. 

Zahlreiche Fragen der SPD-Mitglieder dieses Gremiums zielten darauf ab, von den Sachverständigen mehr über diese sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten und mehr darüber zu erfahren, welche Gruppen am vulnerabelsten sind und welche Erfahrungen und Handlungsoptionen vorgeschlagen werden, um beispielsweise die psychischen Folgen der Covid-19-Pandemie zu lindern bzw. abzufedern. Hierzu wurde eine ganze Reihe von Empfehlungen ausgesprochen.

Hoher Druck und Stress

Bereits seit Beginn der Pandemie hatte die hohe Auslastung der Krankenhäuser und ihrer Intensivstationen zur Folge, dass zahlreiche Operationen verschoben werden mussten. Dies sorgte vielerorts für zusätzlichen hohen Druck und Stress mit entsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen. Zwar führten die Kurzarbeit-Regelungen vielfach zur finanziellen Abfederung der sozialen Lage, dies bewirkt(e) aber nicht, dass keine massiven psychischen Belastungen hinsichtlich eines drohenden Arbeitsplatzverlustes entstanden sind. 

Nach übereinstimmender Darstellung mehrerer Expert:innen gibt es keinen Zweifel daran, dass die Covid-19-Pandemie die Menschen unterschiedlich hart und unterschiedlich stark betroffen hat. Eine sozio-ökonomische Betrachtung zeigt wenig überraschend, dass wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen in der Pandemie stärker gefährdet waren und - dem allgemein schlechteren Gesundheitszustand entsprechend - auch ein höheres Erkrankungsrisiko hatten.

Schwierige soziale Lagen

Ein Grund sind oftmals die ausgeübten Berufe, in denen kein Homeoffice möglich war/ist, sodass am Arbeitsplatz oder auf der Fahrt zum Arbeitsplatz ein höheres Ansteckungsrisiko bestand/besteht als bei anderen Berufstätigkeiten. Ein anderer Grund ist die oftmals unzureichende Gesundheitskompetenz teilweise auch bedingt durch niedrigere Bildungsabschlüsse. Abhilfe können somit nur veränderte Arbeits-Rahmenbedingungen leisten sowie verbesserte Gesundheitsaufklärungen, niedrigschwellige und leicht verständliche Informationen zur Covid-19-Pandemie, zur Impfkampagne, etc. Notwendig ist dringend der Ausbau bei den rehabilitativen Angeboten, der Familienerholung, etc. sowie Entlastungs- und Betreuungsangebote z.B. bei der Begleitung zur Ärzt:in. Die gesundheitliche Nachsorge der Pandemie muss verstärkt in den Blick genommen werden. 

Letztlich sind diese Erkenntnisse nicht neu. Einschlägige Studien belegen längst, dass Menschen in schwierigen sozialen Lagen ohnehin schon häufiger Erkrankungen und eine höhere Morbidität aufweisen. Vielfach fehlen ihnen aufgrund ihrer finanziellen Situation auch der Zugang zu gesundheitlichen Angeboten. In einkommensschwächeren Haushalten kommen oftmals materielle Einschränkungen hinzu, wodurch sich die Belastung gerade den bei Kindern und Jugendlichen noch zusätzlich verschärft.

Belastungen bei Kindern und Jugendlichen

Überhaupt lag der größte Druck während der Corona-Krise vor allem bei Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Obwohl das Plus an gemeinsam verbrachter Zeit und die größere Nähe durchaus auch als positiv empfunden wurde, waren Familien stark von Kontaktbeschränkungen und ihren Auswirkungen betroffen. Je nach Erwerbstätigkeitssituation der Eltern entstand Stress - insbesondere für die Mütter - durch die schwierige Vereinbarkeit von Beruf, Sorgearbeit und Homeschooling. Umso wichtiger ist es für die Zukunft, hier gezielte Entlastungsangebote für Familien und Angehörige zu schaffen.

Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie zweifellos am meisten gelitten und gehören zu den vulnerablen Gruppen, was sich in der deutlich gestiegenen Zahl an psychischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten etc. zeigt. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Sie befinden sich in einer sensiblen Entwicklungsphase, wodurch die Versäumnisse nicht so leicht aufzuholen sind und die Gefahr besteht, dass aufgetretene Erkrankungen sich chronifizieren. Hier fehlen gute Konzepte für soziale und therapeutische Unterstützung, die auch relativ kurzfristig in Anspruch genommen werden können.

Die kurzfristige Investition in den Ausbau und die Weiterentwicklung entsprechender Aufgaben ist dringendst geboten. Perspektivisch müssen Kompetenz und Sensibilität für psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen geschaffen werden. Äußerst wichtig ist es, für Gerechtigkeit zu sorgen, damit belastete Familien den Anschluss nicht verlieren. Das sogenannte „Aufholpaket“ ist entsprechend auszuweiten, damit die erfahrenen Nachteile auch zügig behoben werden können. 

Entlastungsangebote aufrechterhalten

In noch verschärftem Maße treffen diese Befunde auf Familien mit Kindern mit Behinderungen sowie generell auf Menschen mit Behinderungen, Pflegebedürftige und deren Angehörige mit und ohne Migrationsbiographie zu. Hier lautet die Lehre für die Zukunft: Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz war der richtige Weg – aber es müssen noch weitere Vorkehrungen geschaffen werden, damit die notwendige soziale Infrastruktur aufrechterhalten bleibt.

Eine riesige Belastung stellte die Kontaktsperre in Einrichtungen dar. Es war äußerst die pandemiebedingte Lage an Demenz Erkrankten oder Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu vermitteln. Das Schließen der begleitenden Tagesstruktur hat in den pflegenden Familien eine hohe Belastung dargestellt. Gleiches gilt für Werkstätten, etc.. Hier mussten oft erst geeignete Konzepte entwickelt werden.

Bei Menschen mit Behinderungen, die aufgrund einer Erkrankung zu den Risikogruppen gehören, bestand zudem eine erhöhte Angst vor Ansteckungen, was als extrem belastende Situation empfunden wurde. Menschen, die in ihrer Wohnung alleine leben, waren isoliert und litten häufig unter dem Gefühl der Einsamkeit. 

Gefahr der Vereinsamung

Einsamkeit ist bekanntermaßen oft die Ursache von psychischen Erkrankungen. Wie sich in der Covid-19-Pandemie gezeigt hat, waren auch Ängste durch private ökonomische Unsicherheiten, nicht zuletzt infolge von Arbeitsplatzverlust, oder existentielle Sorgen bei Selbstständigen ein wesentlicher Stressor und treibender Faktor für den zunehmenden Therapie-Bedarf. Besonderer Druck und tiefe Existenzängste herrschte vor allem bei weiblichen Selbstständigen, zumal gerade Service-Dienstleistungen durch die notwendigen Kontaktbeschränkungen nicht erbracht werden konnten. 

Retraditionalisierung als Gefahr

Druck und Zukunftsunsicherheit haben viele Frauen erlebt, zumal viele ihrer Erwerbstätigkeit reduziert oder gar ganz aufgegeben haben, um Care-Arbeit zu leisten. Die richtige politische Antwort hierauf ist: die institutionalisierte Kinderbetreuung zu stärken, auch, damit keine zusätzlichen Ungleichheiten entstehen. Die zu beobachtende Retraditionalisierung der Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse sind ein eigenes Thema, dem wir uns im Parlamentarischen Begleitgremium zur Covid-19-Pandemie zuwenden sollten.

Was ist zu tun?

Erneut zur Sprache kam das bereits im Zusammenhang mit der Impfkampagne intensiv diskutierte Thema zielgruppengerechte Ansprache und Kommunikation: Erneut wurde auf die Notwendigkeit - z.B. einkommensschwächeren und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen – zielgruppenspezifischer Ansprache als Voraussetzung für Erfolge angesprochen. Vulnerable Personen wie Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit Migrationshintergrund sind ansonsten nur schwer für Gesundheitskommunikation zu erreichen. Um niemanden auszuschließen und allen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, muss in großen Teilen der Bevölkerung die Digitalkompetenz gestärkt werden.

Was ist sonst zu tun? Was brauchen die Menschen, die ökonomische, soziale oder gesundheitliche Nachteile haben? Und was müssen wir tun, um die soziale Infrastruktur aufrechtzuerhalten? 

Einige mögliche Antworten haben wir heute gehört: Wir sollten jetzt investieren, damit Unterstützungsangebote wie Hilfen für Zuhause, im Bereich der Rehabilitation etc. auch in Zukunft ausreichend verfügbar und flexibel abrufbar sind. Wir sollten ein sozialdemokratisches Kernanliegen umsetzen, nämlich eine Kindergrundsicherung schaffen. Und noch viel mehr – der Bedarf ist jedenfalls riesig.

Ausblick

Es besteht die Hoffnung, dass die gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Krise in vielen Fällen kein dauerhafter Zustand sind, sondern sich die Situation mit der allmählichen Rückkehr zum normalen Leben wieder ändert und zum Guten wendet. Auch wenn keiner eine Vorhersage treffen mag, wie lange die pandemiebedingten Herausforderungen noch andauern, gibt es doch Grund zur Annahme, dass die finanziellen Unsicherheiten überwunden werden können und sich dadurch auch der existentielle Druck für viele verringert.

In der kommenden Woche - am Donnerstag, dem 24. Juni 2021 - steht im Parlamentarischen Begleitgremium zur Covid-19-Pandemie das Thema der Langzeitwirkungen und gesundheitlichen Risiken einer COVID-19-Erkrankung (Long-COVID) auf der Agenda. Wie immer können Sie die öffentliche Anhörung im Parlamentsfernsehen live mitverfolgen.

(Foto: Mechthild Rawert, MdB)

 

Die gesundheitliche und soziale Dimension der Pandemie stand im Mittelpunkt der öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Begleitgremiums

https://www.bundestag.de/#url=L2Rva3VtZW50ZS90ZXh0YXJjaGl2LzIwMjEva3cyNC1wYS1iZWdsZWl0Z3JlbWl1bS1wYW5kZW1pZS04NDcwNzI=&mod=mod531790

 zur Covid-19-Pandemie am Donnerstag, dem 17. Juni 2021. Einhellig die Meinung der Sachverständigen: Die soziale und ökonomische Lebenslage der Menschen schon vor der Corona-Pandemie entscheidet im großen Maße mit über die die sozialen, wirtschaftliche und auch gesundheitlichen Folgen während und nach der Pandemie. Mittlerweile ist erwiesen, dass die Menschen aus sozio-ökonomisch schlechter gestellten Verhältnissen häufiger im Krankenhaus, häufiger auf den Intensivstationen waren als Menschen aus bessergestellten Lebenslagen. 

Für uns Sozialdemokrat*innen ist der Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und ungleiche Gesundheitschancen schon immer Anlass zur Neugestaltung von Verhältnissen gewesen. Neuere Studien belegen diesen Zusammenhang nun auch hinsichtlich der Schwere der Sars-Cov-2-bedingten Krankheitsverläufe, dem Wirken der Maßnahmen des Infektionsschutzes und auch bei der Impfkampagne. Um allen die gleichen Chancen auf einen Wiedereinstieg in ein „normales“ Leben zu geben, wird es nötig sein, sehr gezielte Maßnahmen an sozialen Nachteilsausgleichen zu entwickeln und finanziell ausreichend auszustatten. 

Zahlreiche Fragen der SPD-Mitglieder dieses Gremiums

https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/pandemie

zielten darauf ab, von den Sachverständigen mehr über diese sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten und mehr darüber zu erfahren, welche Gruppen am vulnerabelsten sind und welche Erfahrungen und Handlungsoptionen vorgeschlagen werden, um beispielsweise die psychischen Folgen der Covid-19-Pandemie zu lindern bzw. abzufedern. Hierzu wurde eine ganze Reihe von Empfehlungen ausgesprochen.

Hoher Druck und Stress

Bereits seit Beginn der Pandemie hatte die hohe Auslastung der Krankenhäuser und ihrer Intensivstationen zur Folge, dass zahlreiche Operationen verschoben werden mussten. Dies sorgte vielerorts für zusätzlichen hohen Druck und Stress mit entsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen. Zwar führten die Kurzarbeit-Regelungen vielfach zur finanziellen Abfederung der sozialen Lage, dies bewirkt(e) aber nicht, dass keine massiven psychischen Belastungen hinsichtlich eines drohenden Arbeitsplatzverlustes entstanden sind. 

Nach übereinstimmender Darstellung mehrerer Expert:innen gibt es keinen Zweifel daran, dass die Covid-19-Pandemie die Menschen unterschiedlich hart und unterschiedlich stark betroffen hat. Eine sozio-ökonomische Betrachtung zeigt wenig überraschend, dass wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen in der Pandemie stärker gefährdet waren und - dem allgemein schlechteren Gesundheitszustand entsprechend - auch ein höheres Erkrankungsrisiko hatten.

Schwierige soziale Lagen

Ein Grund sind oftmals die ausgeübten Berufe, in denen kein Homeoffice möglich war/ist, sodass am Arbeitsplatz oder auf der Fahrt zum Arbeitsplatz ein höheres Ansteckungsrisiko bestand/besteht als bei anderen Berufstätigkeiten. Ein anderer Grund ist die oftmals unzureichende Gesundheitskompetenz teilweise auch bedingt durch niedrigere Bildungsabschlüsse. Abhilfe können somit nur veränderte Arbeits-Rahmenbedingungen leisten sowie verbesserte Gesundheitsaufklärungen, niedrigschwellige und leicht verständliche Informationen zur Covid-19-Pandemie, zur Impfkampagne, etc. Notwendig ist dringend der Ausbau bei den rehabilitativen Angeboten, der Familienerholung, etc. sowie Entlastungs- und Betreuungsangebote z.B. bei der Begleitung zur Ärzt:in. Die gesundheitliche Nachsorge der Pandemie muss verstärkt in den Blick genommen werden. 

Letztlich sind diese Erkenntnisse nicht neu. Einschlägige Studien belegen längst, dass Menschen in schwierigen sozialen Lagen ohnehin schon häufiger Erkrankungen und eine höhere Morbidität aufweisen. Vielfach fehlen ihnen aufgrund ihrer finanziellen Situation auch der Zugang zu gesundheitlichen Angeboten. In einkommensschwächeren Haushalten kommen oftmals materielle Einschränkungen hinzu, wodurch sich die Belastung gerade den bei Kindern und Jugendlichen noch zusätzlich verschärft.

Belastungen bei Kindern und Jugendlichen

Überhaupt lag der größte Druck während der Corona-Krise vor allem bei Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Obwohl das Plus an gemeinsam verbrachter Zeit und die größere Nähe durchaus auch als positiv empfunden wurde, waren Familien stark von Kontaktbeschränkungen und ihren Auswirkungen betroffen. Je nach Erwerbstätigkeitssituation der Eltern entstand Stress - insbesondere für die Mütter - durch die schwierige Vereinbarkeit von Beruf, Sorgearbeit und Homeschooling. Umso wichtiger ist es für die Zukunft, hier gezielte Entlastungsangebote für Familien und Angehörige zu schaffen.

Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie zweifellos am meisten gelitten und gehören zu den vulnerablen Gruppen, was sich in der deutlich gestiegenen Zahl an psychischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten etc. zeigt. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Sie befinden sich in einer sensiblen Entwicklungsphase, wodurch die Versäumnisse nicht so leicht aufzuholen sind und die Gefahr besteht, dass aufgetretene Erkrankungen sich chronifizieren. Hier fehlen gute Konzepte für soziale und therapeutische Unterstützung, die auch relativ kurzfristig in Anspruch genommen werden können.

Die kurzfristige Investition in den Ausbau und die Weiterentwicklung entsprechender Aufgaben ist dringendst geboten. Perspektivisch müssen Kompetenz und Sensibilität für psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen geschaffen werden. Äußerst wichtig ist es, für Gerechtigkeit zu sorgen, damit belastete Familien den Anschluss nicht verlieren. Das sogenannte „Aufholpaket“ ist entsprechend auszuweiten, damit die erfahrenen Nachteile auch zügig behoben werden können. 

Entlastungsangebote aufrechterhalten

In noch verschärftem Maße treffen diese Befunde auf Familien mit Kindern mit Behinderungen sowie generell auf Menschen mit Behinderungen, Pflegebedürftige und deren Angehörige mit und ohne Migrationsbiographie zu. Hier lautet die Lehre für die Zukunft: Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz 

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/hilfen-fuer-soziale-einrichtungen/sozialdienstleister-einsatzgesetz/sozialdienstleister-einsatzgesetz-154832

war der richtige Weg – aber es müssen noch weitere Vorkehrungen geschaffen werden, damit die notwendige soziale Infrastruktur aufrechterhalten bleibt.

Eine riesige Belastung stellte die Kontaktsperre in Einrichtungen dar. Es war äußerst die pandemiebedingte Lage an Demenz Erkrankten oder Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu vermitteln. Das Schließen der begleitenden Tagesstruktur hat in den pflegenden Familien eine hohe Belastung dargestellt. Gleiches gilt für Werkstätten, etc.. Hier mussten oft erst geeignete Konzepte entwickelt werden.

Bei Menschen mit Behinderungen, die aufgrund einer Erkrankung zu den Risikogruppen gehören, bestand zudem eine erhöhte Angst vor Ansteckungen, was als extrem belastende Situation empfunden wurde. Menschen, die in ihrer Wohnung alleine leben, waren isoliert und litten häufig unter dem Gefühl der Einsamkeit. 

Gefahr der Vereinsamung

Einsamkeit ist bekanntermaßen oft die Ursache von psychischen Erkrankungen. Wie sich in der Covid-19-Pandemie gezeigt hat, waren auch Ängste durch private ökonomische Unsicherheiten, nicht zuletzt infolge von Arbeitsplatzverlust, oder existentielle Sorgen bei Selbstständigen ein wesentlicher Stressor und treibender Faktor für den zunehmenden Therapie-Bedarf. Besonderer Druck und tiefe Existenzängste herrschte vor allem bei weiblichen Selbstständigen, zumal gerade Service-Dienstleistungen durch die notwendigen Kontaktbeschränkungen nicht erbracht werden konnten. 

Retraditionalisierung als Gefahr

Druck und Zukunftsunsicherheit haben viele Frauen erlebt, zumal viele ihrer Erwerbstätigkeit reduziert oder gar ganz aufgegeben haben, um Care-Arbeit zu leisten. Die richtige politische Antwort hierauf ist: die institutionalisierte Kinderbetreuung zu stärken, auch, damit keine zusätzlichen Ungleichheiten entstehen. Die zu beobachtende Retraditionalisierung der Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse sind ein eigenes Thema, dem wir uns im Parlamentarischen Begleitgremium zur Covid-19-Pandemie zuwenden sollten.

Was ist zu tun?

Erneut zur Sprache kam das bereits im Zusammenhang mit der Impfkampagne intensiv diskutierte Thema zielgruppengerechte Ansprache und Kommunikation: Erneut wurde auf die Notwendigkeit - z.B. einkommensschwächeren und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen – zielgruppenspezifischer Ansprache als Voraussetzung für Erfolge angesprochen. Vulnerable Personen wie Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit Migrationshintergrund sind ansonsten nur schwer für Gesundheitskommunikation zu erreichen. Um niemanden auszuschließen und allen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, muss in großen Teilen der Bevölkerung die Digitalkompetenz gestärkt werden.

Was ist sonst zu tun? Was brauchen die Menschen, die ökonomische, soziale oder gesundheitliche Nachteile haben? Und was müssen wir tun, um die soziale Infrastruktur aufrechtzuerhalten? 

Einige mögliche Antworten haben wir heute gehört: Wir sollten jetzt investieren, damit Unterstützungsangebote wie Hilfen für Zuhause, im Bereich der Rehabilitation etc. auch in Zukunft ausreichend verfügbar und flexibel abrufbar sind. Wir sollten ein sozialdemokratisches Kernanliegen umsetzen, nämlich eine Kindergrundsicherung schaffen. Und noch viel mehr – der Bedarf ist jedenfalls riesig.

Ausblick

Es besteht die Hoffnung, dass die gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Krise in vielen Fällen kein dauerhafter Zustand sind, sondern sich die Situation mit der allmählichen Rückkehr zum normalen Leben wieder ändert und zum Guten wendet. Auch wenn keiner eine Vorhersage treffen mag, wie lange die pandemiebedingten Herausforderungen noch andauern, gibt es doch Grund zur Annahme, dass die finanziellen Unsicherheiten überwunden werden können und sich dadurch auch der existentielle Druck für viele verringert.

In der kommenden Woche - am Donnerstag, dem 24. Juni 2021 - steht im Parlamentarischen Begleitgremium zur Covid-19-Pandemie das Thema der Langzeitwirkungen und gesundheitlichen Risiken einer COVID-19-Erkrankung (Long-COVID) auf der Agenda. Wie immer können Sie die öffentliche Anhörung im Parlamentsfernsehen live mitverfolgen.