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Berlin profitiert vom Innovationsfonds im Gesundheitswesen

 Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16. Juli 2015 hat der Deutsche Bundestag dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag gegeben, einen Innovationsfonds einzurichten. Dieser fördert neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Für die Jahre 2016 bis 2019 stehen jeweils 300 Millionen Euro zur Verfügung, von denen 25 Prozent für die Versorgungsforschung aufgewendet werden sollen. Die Finanzierung erfolgt hälftig aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und durch die Krankenkassen.

Ich bedanke mich bei allen Berliner Antragsteller*innen und gratuliere allen zu Vorhaben, die schon zur Auswahl im Förderjahr 2016 gehören. Sie tragen dazu bei, dass die Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland verbessert wird. Die sektorenübergreifende Versorgung im Interesse der Patient*innen und Pflegebedürftigen zu verbessern, lohnt jeden Einsatz.

Geförderte Projekte in Berlin

Zu den Berliner Projekten gehören:

1.       im Bereich „Modellprojekte zur Arzneimitteltherapie sowie Arzneimitteltherapiesicherheit“

Das vom Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) eingereichte Projekt „RESIST - RESISTenzvermeidung durch adäquaten Antibiotikaeinsatz bei akuten Atemwegsinfektionen“ arbeitet mit den weiteren Krankenkassen in insgesamt 10 Bundesländern zusammen.

Ziel ist die Verbesserung des Antibiotikaeinsatzes bei akuten Atemwegsinfekten in der vertragsärztlichen Versorgung sowohl in Bezug auf die Menge der eingesetzten Antibiotika als auch auf die eingesetzten Substanzen. Gefördert wird die Behandlungsqualität für die einzelne Patient*in und die Wirksamkeit von Antibiotika durch die Vermeidung weiterer Resistenzbildungen gesichert. Die teilnehmenden Ärzt*innen werden durch eine Online-Schulung zum Thema Arzt-Patientenkommunikation und zum zielgerichteten Antibiotikaeinsatz geschult. Im Anschluss wird den Ärzt*innen ein "Instrumentenkoffer" bereitgestellt, der Decision Aids, Patient*inneninformationen und weiteres beinhaltet. Die Optimierung von Antibiotikaverordnungen ist ein unstrittiges Ziel. Das Umsetzungspotenzial wird aufgrund des niederschwelligen Ansatzes und der Nutzung bestehender Strukturen als hoch eingeschätzt. Es gibt bereits mehrere Studien in kleinen, eng umfassten Settings, welche gezeigt haben, dass der Einsatz von niederschwelligen Instrumenten zu einer Reduzierung bzw. Optimierung der Antibiotikaverordnungen führt. Dies soll nun in der Versorgungsrealität getestet werden.

2.        im Bereich „Versorgungsmodelle unter Nutzung von Telemedizin, Telematik und E-Health“

Das von Prof. Dr. Claudia Spies, Charité - Universitätsmedizin Berlin eingereichte und bundesweit angelegte Projekt „Enhanced Recovery after Intensive Care (ERIC)“ arbeitet mit den zahlreichen Universitäten, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Kliniken und Krankenkassen zusammen. 

Jährlich werden in Deutschland 2,1 Millionen Patient*innen auf Intensivstationen behandelt, wovon ca. 400.000 künstlich beatmet werden. Allein auf die Akutphase der Behandlung beatmeter Patient*innen entfallen 13-14 Prozent der Gesamtkosten des stationären Gesundheitssektors. Dazu kommen Langzeitfolgen - z.B. Organfunktions- und kognitive Störungen, der Verlust von Mobilität - die häufig mit Leid für Patient*innen und Angehörige verbunden sind.  

Ziel von ERIC ist es, Wissen zur Vermeidung von Langzeitfolgen zu verbreiten, um damit das rehabilitative Potential von Patient*innen während und nach einer Intensivbehandlung bestmöglich auszuschöpfen. Erreicht wird dies über eine stationäre und ambulante Vernetzung unter Nutzung eines E-Health-Systems sowie eines kompetenzbasierten Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzept zur lokalen und regionalen Verbesserung der Behandlungsqualität.

3.       im Bereich „Versorgungsmodelle für spezielle Patient*innengruppen: Menschen mit seltenen Erkrankungen“

Das von Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Charité - Universitätsmedizin Berlin, eingereichte Projekt „Verbesserung der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen durch Umsetzung von im nationalen Aktionsplan (NAMSE) konsentierten Maßnahmen“ arbeitet eng mit VertreterInnen verschiedener Universitätskliniken, Krankenkassen sowie dem Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen und der Berlin School of Public Health zusammen.

Für die qualitätsgesicherte Versorgung von Patient*innen mit seltenen Erkrankungen sind überregionale multi-professionelle, sektorenübergreifende Netzwerke essentiell. Das Projekt soll bei Patient*innen mit ausgewählten seltenen Erkrankungen

  • zu einer schnelleren Diagnose,
  • zu einer höheren Versorgungseffizienz,
  • zu einer höheren Versorgungsqualität führen.

Drei patient*innenrelevante Probleme der gegenwärtigen Versorgung im Regelsystem sollen mit innovativen Leistungen überwunden werden:

  • Die Diagnosestellung unklarer Fälle wird durch ein strukturiertes Vorgehen und Fallkonferenzen in einem überregionalen Prozess beschleunigt.
  • Die Zeit bis zur Therapieeinleitung wird durch Einbindung überregionaler Expertise und Case-Management verkürzt.
  • Durch IT gestützte Kommunikation und Zugang der Versorger zu Daten der Zentren und strukturierte Transition in die Erwachsenenmedizin wird die Versorgungseffizienz und Nachhaltigkeit der Versorgungsqualität verbessert.

 4.           im Bereich der „themenoffenen Förderschwerpunkte“

a)      Ziel des vom Dachverband der Betriebskrankenkassen eingereichten Projektes „BGM-innovativ: Arbeitsplatznahes, trägerübergreifendes Versorgungsmanagement der Betriebskrankenkassen“ ist die träger- und sektorenübergreifend koordinierte Versorgung gefährdeter und erkrankter Beschäftigter mit Einschränkungen im Bewegungsapparat. Es sollen Krankheit bzw. Chronifizierung vermieden, die Krankheitsdauer und Fehlzeiten verkürzt und die Beschäftigungsfähigkeit dauerhaft erhalten werden.

b)      Das vom Prof. Dr. med. Heinrich Audebert, Charité - Universitätsklinikum Berlin zusammen mit Krankenhäusern und -kassen vorgelegte Projekt „Akutneurologische Versorgung in Nordostdeutschland mit telemedizinischer Unterstützung (ANNOTeM)“ will die Behandlungsqualität akutneurologischer Notfälle auch in den nordostdeutschen Flächenländern verbessern und die Anfallsprophylaxe bei EpilepsiepatientInnen optimieren. Bisher führen neurologische Akutkrankheiten häufig zum Tod oder bleibender Behinderung - und dass, obwohl es für diese Erkrankungen gesicherte prognoseverbessernde Therapien gibt. Diese stehen in strukturschwachen Regionen häufig nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder kommen nur verspätet zum Einsatz. 

Eine Gesamtübersicht der bereits bewilligten Projekte gibt es auf der Webseite des Gemeinsamen Bundesausschuss.

Vorgeschichte: Versorgung im Interesse der PatientInnen und Pflegebedürftigen

Der Startschuss für den Innovationsfonds kam mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz aus dem Parlament. Seit der anschließenden Konstituierung des Innovationsausschusses am 15. Oktober 2015 sind dessen Mitglieder bekannt. Sowohl für die neuen Versorgungsformen als auch für die Versorgungsforschung haben diese für die erste Förderwelle im Jahr 2016 jeweils einen themenoffenen und mehrere themenspezifische Förderschwerpunkt definiert.

Für den themenspezifischen Teil des Förderbereichs „neue Versorgungsformen“ wurden folgende Förderschwerpunkte festgelegt:

  • Versorgungsmodelle in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten
  • Modellprojekte zur Arzneimitteltherapie sowie Arzneimitteltherapiesicherheit
  • Versorgungsmodelle unter Nutzung von Telemedizin, Telematik und E-Health
  • Versorgungsmodelle für spezielle Patient*innengruppen:
    • ältere Menschen
    • Menschen mit psychischen Erkrankungen
    • pflegebedürftige Menschen
    • Kinder und Jugendliche
    • Menschen mit seltenen Erkrankungen.

Der themenspezifische Teil des Förderbereichs „Versorgungsforschung“ enthält folgende Förderschwerpunkte:

  • Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und Patientensicherheit in der Versorgung
  • Verbesserung von Instrumenten zur Messung von Lebensqualität für bestimmte Patientengruppen
  • Innovative Konzepte patientenorientierter Pflege unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsteilung und der Schnittstellen sowie der Integration ausländischer anerkannter Pflegefachkräfte in den Versorgungsalltag
  • Verbesserung der Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV-Versorgung
  • Ursachen, Umfang und Auswirkungen administrativer und bürokratischer Anforderungen im Gesundheitswesen auf die Patientenversorgung sowie Entwicklung geeigneter Lösungsansätze
  • Einsatz und Verknüpfung von Routinedaten zur Verbesserung der Versorgung.

Darüber hinaus konnten sich Antragsteller*innen mit Projekten für themenoffene Förderschwerpunkte bewerben.

Seit Veröffentlichung der Förderbekanntmachungen im April dieses Jahres gingen insgesamt knapp 700 Förderanträge mit einem Gesamtantragsvolumen von 1,7 Milliarden Euro ein. Für das Förderjahr 2016 werden 29 Projekte zu neuen Versorgungsformen und 62 Projekten zur Versorgungsforschung gefördert. Somit fließen die zur Verfügung stehenden 300 Millionen Euro vollständig in die Förderung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.

Zu den geförderten 29 Projekten, über die bereits entschieden wurde, gehören 24 Projekte aus den themenspezifischen Bereichen und 5 Projekte aus dem themenoffenen Bereich. Weitere Förderentscheidungen und Förderbekanntmachungen erfolgen im Frühjahr 2017.