Unüberhörbar wurde auf dem 3. Deutschen Pflegetag 2016 Tempo bei der Einrichtung von Pflegekammern auf Länder- als auch Bundesebene gefordert. Auch in Berlin will die Mehrheit - 58,8 Prozent der repräsentativ Befragten - der Berliner Pflegefachkräfte eine Pflegekammer. Um vom politischen Prozess der Etablierung aus anderen Bundesländern zu lernen, lade ich Sie zur Fraktion vor Ort-Veranstaltung „Die Pflegekammer - eine Herausforderung für die Pflege, die Gesellschaft und die Politik" ein. Die Veranstaltung findet am 12. April 2016 um19:30 Uhr in der Akkon Hochschule Berlin in Berlin-Tempelhof statt.
Pflegefachkräfte wollen wie andere Heilberufe auch ihre Interessen im Gesundheitswesen und in der Politik selbstbestimmt bündeln und vertreten. Sie fordern ein Ende der Regulierung des Berufsstands durch Fachfremde über die Köpfe der professionell Pflegenden hinweg.
Es ist Aufgabe der Politik, eine solche berufs- und gesellschaftspolitisch bedeutsame Interessensvertretung zu ermöglichen. Dafür es gibt auf Länderebene bereits Vorbilder: In den SPD-geführten Ländern Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist inzwischen die Realisierung einer Pflegekammer erfolgreich vorangeschritten - ihren VertreterInnen wurde auf dem Deutschen Pflegetag 2016 heftig applaudiert.
Pflegekammern bedeuten Wertschätzung für die professionell Pflegenden
Auf dem Deutschen Pflegetag 2016 gehörte die Einrichtung von Pflegekammern neben dem Pflegeberufsreformgesetz zu den Top-Themen, so auch im Forum „Cockpit Pflege“. Der Pflegeberuf muss endlich auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen stehen. Es muss endlich eine gemeinsame Interessenvertretung geben. Obwohl die bis zu 1,2 Millionen beruflich Pflegenden zahlenmäßig die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen sind, hätten sie am wenigsten zu sagen. Damit muss Schluss sein, so die einhellige Forderung.
"Deutschland braucht Pflegekammern", forderte Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerates e. V. (DPR). "Sie stellen die Berufsgruppen der Pflege als wichtige und ernstzunehmende Akteure in den Mittelpunkt der pflegerischen Versorgung. Das ist Wertschätzung für die professionell Pflegenden und zugleich das Ende der Fremdbestimmung. Die Pflege bestimmt künftig selbst." Vorgeschlagen wurde, die Verkammerung der Pflegeberufe durch die Bildung einer Bundespflegekammer zu forcieren. Sehr ambitioniert forderte er die Arbeitsaufnahme der Bundespflegekammer ab 2017. Während es in Rheinland-Pfalz bereits eine arbeitsfähige Pflegekammer gibt, befinden sich diese in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen noch in der Gründungsphase. Eine Bundespflegekammer wäre wie die Bundesärztekammer keine Körperschaft öffentlichen Rechts.
Selbstverwaltung kann Kollaps in der Pflege verhindern
Die Berufsgruppe der professionell Pflegenden hat in der Politik und in der Öffentlichkeit mehr Gehör und Achtung verdient. Ein Meilenstein dazu ist die Selbstverwaltung der Pflegefachkräfte.
Schon heute sind 2,5 Millionen Menschen pflegebedürftig. Die Anzahl der zu Pflegenden wird in den kommenden Jahrzehnten weiter ansteigen, ein enormer Pflegebedarf entsteht – und das bei einer sich reduzierenden Anzahl von Fachkräften. Viele TeilnehmerInnen des Deutschen Pflegetages 2016 kritisierten den zwischen 1995 und 2005 vollzogenen Abbau von etwa 50.000 Vollzeitstellen im Pflegedienst der Krankenhäuser. Dieses Defizit habe Konsequenzen für die Qualität der Pflege. Dieses Defizit mache das Pflegepersonal auch krank. Kein Wunder also, dass die Pflegenden vor Ort ungeduldig sind und sich fragen, wann die Verbesserungen der Pflegereformen an der Basis ankommen. Die Frage nach einer angemessenen Personalausstattung gehört prioritär auf die politische Agenda.