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Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen eindämmen

Dem Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen muss Einhalt geboten werden. Das hat die SPD-Bundestagsfraktion auf ihrer Auftaktklausur am 8. und 9. Januar 2016 ganz deutlich gemacht. Leiharbeit und Werkverträgen werden häufig genutzt, um Lohndumping durchzusetzen, Belegschaften zu spalten, Mitbestimmungsrechte zu beschneiden und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Es müssen zukünftig klare und eindeutige Regeln gelten, um dies zu verhindern.

Nach Einführung des flächendeckenden Mindestlohns werden wir 2016 den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit gesetzlich eindämmen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles wird dazu bereits in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen. Werkverträge und Leiharbeit sind in unserer hochflexiblen Wirtschaft zwar notwendig, um Auftragsspitzen zu bewältigen oder Personalausfälle zu überbrücken. Aber es darf nicht sein, dass hierdurch Stammbelegschaften verdrängt werden oder ArbeitnehmerInnen quasi als Beschäftigte zweiter Klasse jahrelang mit Leih- oder Werkverträgen oder als Scheinselbständige in einem Betrieb arbeiten.

Mit dem beschlossenen Positionspapier macht die SPD-Bundestagsfraktion deutlich: Wir erwarten, dass die Union die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags mit uns eins zu eins umsetzt. Das bedeutet: Wer in einem Betrieb gemeinsam arbeitet, soll gleich verdienen und gleich behandelt werden. Deswegen soll künftig eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten eingeführt werden. Und nach spätestens neun Monaten sollen LeiharbeiterInnen genauso viel verdienen wie die Stammbelegschaft. Ausnahmen können nur dort gemacht werden, wo durch einen Branchentarifvertrag der Schutz aller ArbeitnehmerInnen garantiert ist.

Außerdem müssen wir endlich mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von Werkverträgen und Leiharbeitsverhältnissen schaffen. Dafür wollen wir die Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung gesetzlich festschreiben. Außerdem sollen BetriebsrätInnen das Recht bekommen, über die Anzahl und die vertraglichen Vereinbarungen der im eigenen Betrieb eingesetzten WerkvertragsnehmerInnen und informiert zu werden.

Missbrauch von Leiharbeit begrenzen

Die im Koalitionsvertrag zur Leiharbeit vereinbarten Festlegungen sind konsequent umzusetzen:

  • Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten: Eine längere Überlassung darf nur zulässig sein, wenn sich die Tarifpartner in den einzelnen (Entleiher-) Einzelbranchen darüber tarifvertraglich einigen und die EntleiherInnen entsprechend tarifgebunden sind.
  • Equal Pay nach neun Monaten: Möglichst frühes Equal Pay ist nicht nur eine Frage der Lohngerechtigkeit, sondern verhindert auch den Fehlanreiz, Stamm-arbeitnehmerInnen durch niedriger bezahlte LeiharbeitnehmerInnen zu ersetzen und damit bestehende (Branchen-)Tarifverträge zu unterlaufen. Ein Abweichen vom Equal Pay nach neun Monaten darf nur zulässig sein, wenn Branchenzuschlagstarifverträge spätestens nach sechs Wochen Zuschläge und eine stufenweise Heranführung an Equal Pay vorsehen. Dadurch wird sichergestellt, dass Beschäftigte in diesen Fällen weiterhin frühzeitig erhöhte Entgelte bekommen können.
  • Verbot des Einsatzes von LeiharbeitnehmerInnen als StreikbrecherInnen: LeiharbeitnehmerInnen dürfen nicht zur Umgehung des grundgesetzlich garantierten Streikrechts eingesetzt werden.
  • Konsequente Berücksichtigung der LeiharbeitnehmerInnen bei den Schwellenwerten der Mitbestimmung im Entleihunternehmen: Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Festlegungen sind (weitere) wichtige Schritte in Richtung fairer und guter Leiharbeit.

Darüber hinaus fordert die SPD-Bundestagsfraktion:

  • BetriebsrätInnen in den Entleihbetrieben sind mehr Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Kontrolle des ordnungsgemäßen Einsatzes der LeiharbeitnehmerInnen und des Umfangs und der Dauer der Leiharbeit im Betrieb einzuräumen.
  • Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses und die Koppelung der Befristung an einen Arbeitsplatz (Synchronisation) sind außerhalb der Probezeit zu verbieten.

Missbrauch von Werkverträgen verhindern

Auf Kosten von Stammbelegschaften werden immer mehr Werkverträge unter Umgehung des geltenden Arbeitsrechts geschlossen. Wir wollen diese Fehlentwicklung endlich einzudämmen. Mitbestimmungs-, Informations- und Unterrichtungsrechte der Betriebsräte sollen verbessert werden. Für WerkvertragsarbeitnehmerInnen soll der gesetzliche Arbeitsschutz sichergestellt werden.

Mit der zunehmenden Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit haben sich viele Probleme sukzessive in den Bereich der Werkverträge verlagert. Kernproblem ist dabei das Fehlen einer gesetzlichen Regelung, die Werk- oder Dienstverträge mit Einzelpersonen oder Unternehmen zu Arbeitsverträgen oder Leiharbeitsverträgen klar abgrenzt. Klare gesetzliche Regelungen können verhindern, dass unredliche ArbeitgeberInnen die bisherigen Grauzonen dazu nutzen, auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen zwischen beiden Vertragsformen zu wechseln und die originären ArbeitnehmerInnenrechte dabei auf der Strecke bleiben.

Die im Koalitionsvertrag zu den Werkverträgen vereinbarten Festlegungen sind daher konsequent umzusetzen:

  • Abschaffung der sog. Vorratsverleiherlaubnis: ArbeitgeberInnen, die vermeintliche Werkverträge zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzstandards einsetzen, wird damit die Möglichkeit versperrt, diese angeblichen Werkverträge nachträglich als Leiharbeit „umzudeklarieren“ und damit zu legalisieren. Wer trotzdem so handelt, hat dafür einzustehen, dass zwischen der ArbeitnehmerIn und der EntleiherIn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht - wenn der Beschäftigte dieses will.
  • Gesetzliche Fixierung der Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz: Hierzu ist es notwendig und für die Rechtssicherheit unverzichtbar, im Bürgerlichen Gesetzbuch erst einmal grundsätzlich das Arbeitsverhältnis (als Unterfall des Dienstvertrages) zu definieren und so den Arbeitsvertrag vom Werkvertrag abzugrenzen, um darauf aufbauend Leiharbeit zu definieren und so zum Werkvertrag abzugrenzen. Hierzu müssen die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung entwickelten Kriterien zur Unterscheidung von Werkverträgen und Arbeitsverhältnissen festgeschrieben werden.
  • Gesetzliche Definition und Stärkung der Informationsrechte des Betriebsrates: Um einschätzen zu können, ob der Einsatz von Werkverträgen im Betrieb recht-mäßig ist oder Arbeitsstandards unterläuft, muss der Betriebsrat über den Ein-satz im gesamten Arbeitsprozess überhaupt erst einmal Bescheid wissen. Da-her müssen Betriebsräte zukünftig das Recht erhalten, über die Anzahl und die vertragliche Ausgestaltung der eingesetzten Werkvertragsnehmer im eigenen Betrieb informiert zu werden (Transparenzgedanke).

Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Festlegungen sind erste grundlegende Schritte zur Eindämmung illegaler Werkverträge. Darüber hinaus sind aber folgende weitere Änderungen erforderlich:

  • Einführung einer Beweislastumkehr. Sobald der Beschäftigte nachvollziehbar darlegt, dass Arbeitnehmerüberlassung und keine Werkvertragssituation vorliegt, soll eine ArbeitnehmerInnenüberlassung gesetzlich vermutet werden. Die ArbeitgeberIn kann diese Vermutung durch Nachweis des Gegenteils widerlegen. Eine entsprechende Beweislastumkehr soll auch für die Abgrenzungssituation, ob jemand als Werkunternehmer (Solo-Selbständiger) oder als Arbeitnehmer tätig ist, eingeführt werden.
  • Einführung eines entsprechenden Verbandsklagerechtes für im Betrieb vertretene Gewerkschaften.
  • Das Informationsrecht für die BetriebsrätInnen muss dahingehend erweitert werden, dass nicht nur ein Recht der BetriebsrätInnen auf umfassende Unterrichtung, sondern auch eine Pflicht der ArbeitgeberInnen zu derselben besteht. Erfolgt die Unterrichtung nicht umfassend und rechtzeitig, gilt der Fremdpersonaleinsatz als unzulässig. Die Mitbestimmungsrechte der BetriebsrätInnen nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz sind entsprechend auszubauen, dass bei jeder Besetzung eines Arbeitsplatzes, der der unternehmerischen Konzeption des Arbeitsgebers unterliegt, ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates besteht.
  • Beim Einsatz von Werkvertragsbeschäftigen sollen der Betriebsrat des Einsatzbetriebes eine Regelungs- und Beratungszuständigkeit hinsichtlich der Themen Arbeitsschutz, Ordnung im Betrieb und Sozialeinrichtungen bekommen.
  • Betriebsübergänge sind als Betriebsänderungen im Sinne des § 111 Satz 3 Betriebsverfassungsgesetz anzusehen.
  • Begrenzung von Kettenwerkverträge. Subunternehmen sollten zumindest einen Teil ihres Auftrages selber ausführen. Dadurch wird verhindert, dass Aufträge zur Verschleierung von Verantwortlichkeiten weitergegeben werden und dadurch u. a. Löhne gedrückt werden.

 Anlauf- und Beratungsstellen stärken

Anlauf- und Beratungsstellen für mobile ArbeitnehmerInnen aus dem Ausland sind ein wichtiger Baustein dafür, dass ausländische Beschäftigte sich insbesondere über ihre Rechte in Deutschland effizient informieren können. Dadurch werden sie vielfach erst in die Lage versetzt, ihre Rechte auch einzufordern. Hierzu muss die finanzielle Grundlage für die Anlauf- und Beratungsstellen verstetigt werden.