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Qualitätsoffensive für besseres Sehen in Alterseinrichtungen

Anlässlich des Sehbehindertentages am 6. Juni 2013 startete der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) zusammen mit dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) eine bundesweite Qualitätsoffensive. Das Thema 2013: Für besseres Sehen in Alterseinrichtungen. In Berlin wurden diese Aktionen vom Kooperationspartner ABSV Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin gegr. 1874 e.V. koordiniert.

Sehen in unserer Alterseinrichtung
Ich hatte das Glück am 20. Juni 2013 beim Runden Tisch „Sehen in unserer Alterseinrichtung“ im Seniorenhaus Arche in Berlin-Zehlendorf dabei zu sein. Anwesend waren VertreterInnen des Seniorenhaus Arche, zwei VertreterInnen des ABSV sowie eine Augenärztin. Viel gelernt habe ich hinsichtlich der individuellen Versorgungssituation(en) von älteren Menschen, die in stationären Pflegeeinrichtungen leben. Bestätigt wurde mal wieder: die Ermöglichung von vielen - auch gesundheitsbezogenen - Maßnahmen hängt davon ab, dass ausreichend Fachpersonal zur Verfügung steht.

Gelernt habe ich aber auch, dass Vieles, was das Leben der Sehbehinderten und Blinden einschränkt, durch wirklich einfache Maßnahmen verbessert können: Stufenmarkierungen, Kontrast-Reichtum, Handläufe, Vermeidung von Spiegelungen auf dem Boden, sprechende Aufzüge. Oft muss keineswegs das ganze Haus umgebaut werden. Eine auf Teilhabe orientierte Sensibilität und auf Selbständigkeit und Respekt beruhende Kommunikationsstruktur ist allerdings grundlegend.

Gelernt habe ich auch, dass durch Hilfsmittel wie ein Lesegerät „normale“ Fernsehsendungen und Filme mittels Autodeskription „zu sehen“ sind. In der sehr angenehmen Runde wurde auch über neue Versorgungsformen diskutiert, wie z.B. „mobile Praxen“ zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung in ländlichen und strukturschwachen Gegenden.

Altersbedingte Sehprobleme haben unterschiedlichste Folgen
Laut einer Veröffentlichung der Statistischen Ämter waren im Jahr 2009 ungefähr 1,6 Mio. Menschen in Deutschland älter als 75 Jahre und zugleich pflegebedürftig. Fast ein Drittel der Pflegebedürftigen lebten in einem der 11.600 Pflegeheime. Hinzu kommt eine nicht erfasste Zahl von Menschen ohne Pflegebedarf, die in einem Altenwohnheim oder im Betreuten Wohnen leben.

Ein großer Teil der älteren Menschen ist von Seheinschränkungen betroffen. Wie eine Langzeitstudie des Deutschen Zentrums für Altersfragen ergab, hat fast ein Drittel der über 75-Jährigen Schwierigkeiten beim Lesen einer Zeitung - selbst wenn dazu eine Sehhilfe benutzt wird. 17 Prozent geben Probleme beim Erkennen einer Person auf der Straße an. Seheinschränkungen haben direkte Auswirkungen auf die eigene Selbständigkeit und auf die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe.

Die Verbände DBSV und BVA gehen davon aus, dass viele BewohnerInnen von SeniorInneneinrichtungen mehr unter ihren Seheinschränkungen leiden, als nötig wäre. Dabei geht es nicht nur um die Augen, denn altersbedingte Sehprobleme haben unterschiedlichste Folgen - vom erhöhten Sturzrisiko bis zu psychischen Problemen. Deshalb haben die beiden Verbände am 6. Juni 2013 eine Qualitätsoffensive für besseres Sehen in Alterseinrichtungen gestartet. Rund 10.000 Senioreneinrichtungen in Deutschland wurden angeschrieben und erhielten eine 40-seitige DIN-A4-Broschüre mit Informationen zum Thema. In Berlin signalisierten drei Einrichtungen ihr Interesse an einer fachkundigen Begehung. In zwei Einrichtungen wurde diese Begehung durch Reha-TrainerInnen und SelbsthilfevertreterInnen durchgeführt. Es fand eine stichprobenartige augenärztliche Untersuchung der BewohnerInnen statt. Im Anschluss trug ein Runder Tisch einrichtungsspezifische Vorschläge (bauliche Veränderungen, viele meist unkompliziert zu erbringende Änderungen der Innenausstattung, Kommunikationsformen, etc.) zusammen, was in punkto Sehbehinderung in der jeweiligen Alterseinrichtung optimiert werden kann.

DBSV und BVA fordern zur Verbesserung der Situation unter anderem staatliche Unterstützung für Modellprojekte zur Optimierung der augenärztlichen Versorgung in Senioreneinrichtungen, eine ausreichende Ausstattung der Bewohner mit Sehhilfen sowie eine verbesserte Ausbildung des Fachpersonals zum Sehen im Alter.