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Queer im Alter

Insbesondere in Schöneberg haben wir eine äußert rege LGBTIQ*-Community. Falsch sind aber die gesellschaftlichen Stereotype von jung und schrill. Menschen jedweder sexuellen Identität gründen Familie, leben alleine, sind erwerbstätig. Und Ja: auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen werden älter und ggf. auch pflegebedürftig. Eine Herausforderung, der sich unser Altenhilfe- und Pflegesystem deutschlandweit noch stärker stellen muss.

AWO-Modellprojekt „Queer im Alter“

In Anwesenheit von Stefan Zierke, Parlamentarischer Staatssekretär Stefan im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und Brigitte Döcker, Mitglied des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Leiterin des Projektbeirates fand am 28.01.2021 die Online-Abschlusstagung des AWO-Modellprojekt “Queer im Alter“ statt. Ziel war die Förderung von mehr Sichtbarkeit, Sensibilität und Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse älterer Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen in der ambulanten Pflege als auch der Langzeitpflege. Zudem sollte sensibilisiert werden für Ängste und Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung, die gerade ältere queere Menschen erlebt haben. 

Mit der Durchführung dieses Modellprogramms wollte die AWO ein Defizit ausgleichen, da LGBTIQ* als gesehene Zielgruppe in der Altenhilfe bisher nicht oder kaum Berücksichtigung gefunden hatte. Zu den Grundwerten der AWO und der in ihrem Namen geleisteten Arbeit gehört aber die Inklusion und Gleichbehandlung aller Menschen, unabhängig von Herkunft, sozialer Schicht und Geschlecht, sexuellen Lebens- und Bindungsformen.

Praxishandbuch zur Öffnung der Altenhilfe-Einrichtungen für LSBTIQ*

Auf der Basis der zweijährigen Modellprogramm-Erfahrungen zur Öffnung von AWO-Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTI“* ist ein umfangreiches  Praxishandbuch erstellt worden, welches 172 Teilnehmenden präsentiert werden konnte. Das Erfreuliche war, dass sich zahlreiche Einrichtungen der institutionellen Altenhilfe auch außerhalb der AWO und Anbieter*innen der Erwachsenenbildung für die Ergebnisse des Modellprogramms interessierten.

Was brauchen queere Menschen, um im Alter in Würde leben zu können? Laut Praxishandbuch Akzeptanz, Respekt, Selbstbestimmung, Verständnis, Sichtbarkeit, Anerkennung, Normalität, Wertschätzung – Begriffe, die wie selbstverständlich auf jeden von uns zutreffen. 

Das 256 Seiten umfassende Praxishandbuch beinhaltet einen Leitfaden mit Instrumenten für die Praxis sowie ein Fortbildungspaket mit Coaching-Konzept für Mitarbeitende von Altenhilfe-Einrichtungen, mit deren Hilfe sich verschiedene Einrichtungen und Serviceformen der Altenhilfe für queere Senior*innen öffnen können:

  • Kapitel 1 des Praxishandbuches erklärt Begriffe, grundlegende Zahlen und Fakten sowie den Inklusionsgedanken, der auch hier zum Tragen kommt;
  • Kapitel 2 beschreibt das Verhältnis von LSBTIQ* - Personen zur Altershilfe; 
  • Kapitel 3 stellt die Instrumente des Öffnungsprozesses konkret vor;
  • Kapitel 4 geht auf die jeweiligen Einrichtungs- und Serviceformen in der Altenhilfe ein;
  • Kapitel 5 fokussiert die Sterbebegleitung;
  • Kapitel 6 beschreibt Möglichkeiten der Verstetigung;
  • Kapitel 7 schließt mit einem Fazit, das u.a. neue Wege für die Altershilfe aufzeigt.

Dr. Ralf Lottmann, HS Magdeburg Stendal, und Katrin Drevin, Pflegewissenschaftlerin, verwiesen auf die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit der Betreuungseinrichtungen mit lokalen queeren Communities. Vielfalt dürfe auch in Pflege und Betreuung nicht nur eine Floskel sein, sondern muss vor Ort gelebt werden. Daher müssten sich u.a. auch Personalgewinnung, Ausbildung und Personalentwicklung in der Altershilfe und Pflege an diesen Zielen orientieren.  

Frau Esther Mader, Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer (SowiTra), Berlin, würdigte den Aufbau des Praxishandbuch à la Werkzeugbaukasten. So könne sich jede*r an verschiedenen Tätigkeitsorten (z.B. in Krankenhäusern) und mit differenzierten Aufgaben darauf beziehen. Das entwickelte Fortbildungspaket solle fester Bestandteil der Ausbildung in den Pflegeberufen sein. Eva Obernauer, Schwulenberatung Berlin, forderte einen zügigen Start der Schulungen und Fortbildungen für die Beschäftigten. 

Forderungen an die Politik

An die Politik wurde die Forderung nach besserer Bezahlung von Beschäftigten in der Altershilfe gerichtet (“da reicht Klatschen nicht aus“). Denn es gäbe schnell ein Dilemma: Die schwierigen Rahmenbedingungen von Altenhilfe und pflegerischer Versorgung (Fachkräfte-, Personalmangel, Bezahlung) erschwere grundsätzlich die Umsetzung eines Konzeptes, das auf gleichwürdige Betreuung und Behandlung aller Hilfs- und Betreuungsbedürftigen abzielt. Mehr Kapazitäten und mehr Mittel sind unerlässlich, um z.B. die geforderten Fort- und Weiterbildungen wirksam werden zu lassen.

Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), MdB, würdigte die Arbeit und die Ergebnisse des Projektes. Er hofft auf eine gute Umsetzung, damit auch im Alter Diversität gelebt und eine flächendeckende Sensibilisierung für die entsprechenden Bedürfnisse und Bedarfe erreicht wird.

Gesellschaftspolitischer Kontext für „Queer im Alter“

In Deutschland leben rund eine Million Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen über 65 Jahre, Tendenz steigend. Da sie seltener familiäre Anbindung haben, sind sie im Alter häufiger auf professionelle Pflege angewiesen, wo sie dann oft wieder die gleichen Vorbehalte, Ablehnungen und Diskriminierungen erfahren. Ihnen soll aber auch in dieser Lebensphase selbstverständlich eine menschenwürdige gute Altershilfe zu teil werden.

Die Situation von (LSBTIQ*) hat in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend öffentliche Relevanz erfahren. So setzt sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit seinem  Referat 215 „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Geschlechtliche Vielfalt“ verstärkt für die Belange von Menschen ein, die in gleichgeschlechtlichen Lebensweisen bzw. gleichgeschlechtlicher Vielfalt leben. Es wurden Maßnahmen getroffen, um der alltäglichen Ausgrenzung, Diskriminierung oder Gewalt entschieden entgegenzuwirken und ihr Leben zu normalisieren. Erst 2017/18 wurde u.a. die Ehe für alle eingeführt, das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung und Entschädigung von Betroffenen des Verbots einvernehmlicher homosexueller Handlungen oder die Aufnahme der dritten Geschlechtskategorie im Personenstandsrecht beschlossen.

(Grafik: AWO Bundesverband e. V. // Portrait: Mechthild Rawert, MdB)

Insbesondere in Schöneberg haben wir eine äußert rege LGBTIQ*-Community. Falsch sind aber die gesellschaftlichen Stereotype von jung und schrill. Menschen jedweder sexuellen Identität gründen Familie, leben alleine, sind erwerbstätig. Und Ja: auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen werden älter und ggf. auch pflegebedürftig. Eine Herausforderung, der sich unser Altenhilfe- und Pflegesystem deutschlandweit noch stärker stellen muss. 

AWO-Modellprojekt „Queer im Alter“

In Anwesenheit von Stefan Zierke, Parlamentarischer Staatssekretär Stefan im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und Brigitte Döcker, Mitglied des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Leiterin des Projektbeirates fand am 28.01.2021 die Online-Abschlusstagung des AWO-Modellprojekt “Queer im Alter“ 

https://www.awo.org/queer-im-alter

statt. Ziel war die Förderung von mehr Sichtbarkeit, Sensibilität und Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse älterer Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen in der ambulanten Pflege als auch der Langzeitpflege. Zudem sollte sensibilisiert werden für Ängste und Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung, die gerade ältere queere Menschen erlebt haben. 

Mit der Durchführung dieses Modellprogramms wollte die AWO ein Defizit ausgleichen, da LGBTIQ* als gesehene Zielgruppe in der Altenhilfe bisher nicht oder kaum Berücksichtigung gefunden hatte. Zu den Grundwerten der AWO und der in ihrem Namen geleisteten Arbeit gehört aber die Inklusion und Gleichbehandlung aller Menschen, unabhängig von Herkunft, sozialer Schicht und Geschlecht, sexuellen Lebens- und Bindungsformen.

Praxishandbuch zur Öffnung der Altenhilfe-Einrichtungen für LSBTIQ*

Auf der Basis der zweijährigen Modellprogramm-Erfahrungen zur Öffnung von AWO-Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTI“* ist ein umfangreiches  Praxishandbuch 

https://www.awo.org/praxishandbuch-zur-oeffnung-der-altenhilfe-einrichtungen-fuer-lsbtiq-veroeffentlicht-0

erstellt worden, welches 172 Teilnehmenden präsentiert werden konnte. Das Erfreuliche war, dass sich zahlreiche Einrichtungen der institutionellen Altenhilfe auch außerhalb der AWO und Anbieter*innen der Erwachsenenbildung für die Ergebnisse des Modellprogramms interessierten.  

Was brauchen queere Menschen, um im Alter in Würde leben zu können? Laut Praxishandbuch Akzeptanz, Respekt, Selbstbestimmung, Verständnis, Sichtbarkeit, Anerkennung, Normalität, Wertschätzung – Begriffe, die wie selbstverständlich auf jeden von uns zutreffen. 

Das 256 Seiten umfassende Praxishandbuch beinhaltet einen Leitfaden mit Instrumenten für die Praxis sowie ein Fortbildungspaket mit Coaching-Konzept für Mitarbeitende von Altenhilfe-Einrichtungen, mit deren Hilfe sich verschiedene Einrichtungen und Serviceformen der Altenhilfe für queere Senior*innen öffnen können:

Kapitel 1 des Praxishandbuches erklärt Begriffe, grundlegende Zahlen und Fakten sowie den Inklusionsgedanken, der auch hier zum Tragen kommt;
Kapitel 2 beschreibt das Verhältnis von LSBTIQ* - Personen zur Altershilfe; 
Kapitel 3 stellt die Instrumente des Öffnungsprozesses konkret vor;
Kapitel 4 geht auf die jeweiligen Einrichtungs- und Serviceformen in der Altenhilfe ein;
Kapitel 5 fokussiert die Sterbebegleitung;
Kapitel 6 beschreibt Möglichkeiten der Verstetigung;
Kapitel 7 schließt mit einem Fazit, das u.a. neue Wege für die Altershilfe aufzeigt.

Dr. Ralf Lottmann, HS Magdeburg Stendal, und Katrin Drevin, Pflegewissenschaftlerin, verwiesen auf die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit der Betreuungseinrichtungen mit lokalen queeren Communities. Vielfalt dürfe auch in Pflege und Betreuung nicht nur eine Floskel sein, sondern muss vor Ort gelebt werden. Daher müssten sich u.a. auch Personalgewinnung, Ausbildung und Personalentwicklung in der Altershilfe und Pflege an diesen Zielen orientieren.  
Frau Esther Mader, Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer (SowiTra), Berlin, würdigte den Aufbau des Praxishandbuch à la Werkzeugbaukasten. So könne sich jede*r an verschiedenen Tätigkeitsorten (z.B. in Krankenhäusern) und mit differenzierten Aufgaben darauf beziehen. Das entwickelte Fortbildungspaket solle fester Bestandteil der Ausbildung in den Pflegeberufen sein. Eva Obernauer, Schwulenberatung Berlin, forderte einen zügigen Start der Schulungen und Fortbildungen für die Beschäftigten. 

Forderungen an die Politik
An die Politik wurde die Forderung nach besserer Bezahlung von Beschäftigten in der Altershilfe gerichtet (“da reicht Klatschen nicht aus“). Denn es gäbe schnell ein Dilemma: Die schwierigen Rahmenbedingungen von Altenhilfe und pflegerischer Versorgung (Fachkräfte-, Personalmangel, Bezahlung) erschwere grundsätzlich die Umsetzung eines Konzeptes, das auf gleichwürdige Betreuung und Behandlung aller Hilfs- und Betreuungsbedürftigen abzielt. Mehr Kapazitäten und mehr Mittel sind unerlässlich, um z.B. die geforderten Fort- und Weiterbildungen wirksam werden zu lassen.
Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), MdB, würdigte die Arbeit und die Ergebnisse des Projektes. Er hofft auf eine gute Umsetzung, damit auch im Alter Diversität gelebt und eine flächendeckende Sensibilisierung für die entsprechenden Bedürfnisse und Bedarfe erreicht wird.

Gesellschaftspolitischer Kontext für „Queer im Alter“

In Deutschland leben rund eine Million Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen über 65 Jahre, Tendenz steigend. Da sie seltener familiäre Anbindung haben, sind sie im Alter häufiger auf professionelle Pflege angewiesen, wo sie dann oft wieder die gleichen Vorbehalte, Ablehnungen und Diskriminierungen erfahren. Ihnen soll aber auch in dieser Lebensphase selbstverständlich eine menschenwürdige gute Altershilfe zu teil werden.

Die Situation von (LSBTIQ*) hat in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend öffentliche Relevanz erfahren. So setzt sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit seinem  Referat 215 „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Geschlechtliche Vielfalt“

https://www.bmfsfj.de/blob/116264/449631ac6d5307e23770254f5fb9db68/lbsti-aktivitaeten-data.pdf

verstärkt für die Belange von Menschen ein, die in gleichgeschlechtlichen Lebensweisen bzw. gleichgeschlechtlicher Vielfalt leben. Es wurden Maßnahmen getroffen, um der alltäglichen Ausgrenzung, Diskriminierung oder Gewalt entschieden entgegenzuwirken und ihr Leben zu normalisieren. Erst 2017/18 wurde u.a. die Ehe für alle eingeführt, das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung und Entschädigung von Betroffenen des Verbots einvernehmlicher homosexueller Handlungen oder die Aufnahme der dritten Geschlechtskategorie im Personenstandsrecht beschlossen.