Hauptmenü

Sommertour 2016: Zusammen mit Frank Zimmermann (SPD), Mariendorfer Direktkandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus, in der Diakoniestation Mariendorf: „Pflege braucht interessierte Abgeordnete“

Meine Sommertour 2016 führte mich am 17. August in den Tempelhof-Schöneberger Ortsteil Mariendorf. Mit dabei waren Frank Zimmermann, bereits seit 2006 Wahlkreisabgeordneter für Mariendorf Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und aktuell Direktkandidat im Wahlkreis 5 (Mariendorf-Nord) sowie meine Mitarbeiterin Manuela Harling.

Mariendort ist laut dem jüngst veröffentlichtem 2. Gesundheits- und Sozialbericht des Bezirks Tempelhof-Schöneberg „Gleiche Gesundheit für Alle?!der Ortsteil mit der statistisch betrachtet ältesten Bevölkerung im Bezirk. Noch stärker als bereits jetzt kommen auf diesen Ortsteil daher zahlreiche Herausforderungen im Rahmen der Altenhilfe aber auch beim Ausbau einer funktionierenden Pflegeinfrastruktur zu. Wichtig ist auch die Weiterentwicklung der bezirklichen gesundheitsbezogenen Präventionskette auf alle Lebensphasen bis hin ins hohe Alter. Gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen und vor allem eine Pflegebedürftigkeit soll so lange als möglich „nach hinten“ verschoben werden, damit Menschen so lange als möglich selbstbestimmt leben und an der Gesellschaft teilhaben können.

Sommertour mit den DirektkandidatInnen der SPD aus Tempelhof-Schöneberg

Meine Sommertour 2016 steht unter dem Motto "Sommertour mit den DirektkandidatInnen der SPD aus Tempelhof-Schöneberg" - und dies nicht nur, weil am 18. September 2016 die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus stattfindet und ich Sie bitte: „Gehen Sie wählen!“. Als Bundestagsabgeordnete für Tempelhof-Schöneberg mache ich mich Nein, ich möchte meine sozialdemokratischen KollegInnen im Berliner Abgeordnetenhaus insbesondere für die vielfältigen und komplexen Belange der Prävention und Pflege sensibilisieren. Die im Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetze setzen vielfach „nur“ Rahmenbedingungen für eine Ausgestaltung auf den Landesebenen. Damit „Gutes“ bei der BürgerIn ankommt ist also eine enge Kooperation der ParlamentarierInnen auf den föderalen Ebenen Bund - Land - Kommune unabdingbar. Dies betrifft unter anderem „Lieblingsthemen“ meinerseits wie der Ausbau einer breiten Pflegeinfrastruktur, der Aufbau einer Pflegekammer aber auch die bestmögliche Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes. 

Frank Zimmermann - ein für ihre Interessen engagiert arbeitender Sozialdemokrat

Frank Zimmermann ist derzeitig in der SPD-Fraktion der zuständige Sprecher für Innenpolitik sowie für Europa- und Medienpolitik, wahrlich bedeutsame Funktionen. Die Bekämpfung sozialer Ungleichheit ist ihm ein Herzensanliegen. Mich freut sehr, dass Frank Zimmermann die Herausforderungen, die der demografische Wandel sozialpolitisch aber auch in Bezug auf die gesundheitliche und pflegerische Versorgung mit sich bringt, sehr bewusst ist. Wir alle wissen, dass mit steigendem Alter auch der Anteil von Pflegebedürftigen und schwerbehinderten Personen ansteigt - den damit verbundenen Herausforderungen müssen wir uns auch vor Ort stellen. Das Verhältnis von jung zu alt/sehr alt in Tempelhof-Schöneberg liegt bereits jetzt bei 1:1,4. Wir müssen diskutieren, welche präventiven Maßnahmen wir vor Ort ergreifen können, um im Alter weitestgehend ohne (chronische) Krankheit(en) zu leben. In unserer zunehmend älteren Bevölkerung müssen wir uns aber auch - beispielsweise - verstärkt dem Umgang mit dementiellen Erkrankungen zuwenden. Was heißt die allgemeine Aussage, dass für das Jahr 2050 geschätzt wird, dass 2 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt sein werden, für Mariendorf? Welche Vorsorge müssen wir sozial- und gesundheitspolitisch treffen, schließlich gehören dementielle Erkrankungen zu den kostenintensivsten Krankheiten des Alters (knapp 44 000 Euro pro PatientIn pro Jahr? Welche Versorgungsstrukturen, welche Akteursebenen und welche Netzwerke müssen wir auf- und ausbauen, damit wir alle in Würde altern und auch sterben können?

Das ehrliche Interesse von Frank Zimmermann an der Arbeit der Beschäftigten und der Situation der von ihnen Betreuten in der Diakonie-Station Mariendorf, einer Einrichtung der Altenhilfe des Evangelischen Johannesstift, und im Tageszentrum Tempelhof gGmbH, einer Beschäftigungstagesstätte für Suchtkranke in Berlin Tempelhof, war beeindruckend. Ich freue mich, einen weiteren Mitstreiter für die Herausforderungen einer an Chancengleichheit und Teilhabe orientierten Gesundheits- und Pflegepolitik an meiner Seite zu haben. Die dritte Besuchsstation „Tims Kanadische Backwaren“ hat uns nicht nur das Probieren herausragend leckerer Backwaren (u.a. Muffins, Brownies, Short Bread) ermöglicht, sondern auch vertraut gemacht mit den Herausforderungen von mittelständischen Unternehmen in Tempelhof-Schöneberg. Informationen über diese Besuche finden Sie ebenfalls auf meiner Website.

Diakonie-Station Mariendorf: „Würde ist etwas, das ein Mensch immer besitzt, auch wenn er Fähigkeiten und Fertigkeiten verliert.“

Die Diakonie-Station Mariendorf, Riegerzeile 1, 12105 Berlin, war unsere erste Besuchsstation. Als Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für die Soziale Pflegeversicherung ist es mir der Austausch „mit der Praxis“ sehr wichtig. Hier erfahre ich, wie unsere Gesetze „ankommen“ und wo der Schuh bei der Umsetzung drückt. Auch für mich war es der erste vor Ort-Besuch in der Diakonie-Station Mariendorf, auch wenn mir die handelnden Personen bekannt sind.

Ich bedanke mich für die viele Zeit, die uns die Pflegedienstleiterin, Andrea Braun, und die Einsatzkoordinatorin, Sylvia Pilz, widmeten. Die von ihnen im Alltag gemeisterten Herausforderungen sind hoch - leider auch die zahlreiche Problemlagen.

Zusätzlich zur Koordination und Erbringung originärer pflegerischer, betreuender und hauswirtschaftlicher Leistungen der Pflegeversicherung ist viel Zeit im Hinblick auf die Kostenübernahme durch die verschiedenen Sozialversicherungsträger als auch seitens des Sozialamt Tempelhof-Schöneberg.

Hilfe zur Pflege

Pflegebedürftige Personen, die den notwendigen Pflegeaufwand nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen können - die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung entsprechen einer „Teilkaskoversicherung“ -, können beim Sozialamt Hilfe zur Pflege beantragen. Der Sozialhilfeträger erbringt dann ergänzende Leistungen gemäß des der Vorschriften des SGB XII. Die beiden Frauen beklagen, dass es zunehmend (gerichtliche) Auseinandersetzungen hinsichtlich der Höhe und des Umfangs des anerkannten Bedarfs gibt. Sehr häufig würden bei der „Hilfe zur Pflege“ Leistungen, die laut Medizinischem Dienst der Krankenkassen (MdK) indiziert sind, gekürzt. Auch seien die Bescheide seitens der Diakonie-Station häufig nicht nachprüfbar. Kritisiert wird weiterhin, dass die Hausbesuche der MitarbeiterInnen des Sozialamtes häufig nicht vorangekündigt oder so kurzfristig angesetzt seien, dass eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes nicht teilnehmen könne. Damit erführen viel der anspruchsberechtigten Pflegebedürftigen keine Unterstützung seitens einer ihre Interessen vertretenden dritten Person. Der so erstellte Pflegeplan sei häufig nicht ausreichend.

Diese Klage vernehme ich zunehmend. Ich will keine Zweiklassen-Pflege in Abhängigkeit vom individuellen Geldbeutel. Für die Pflegedienstleister stellt sich dann die Herausforderung der Re-Finanzierung der von ihnen erbrachten Leistungen. Ich bin froh, dass die Diakonie-Station Mariendorf niemanden wegen des Bezugs der Hilfe zur Pflege ablehnt. Ablehnungen erfolgen lediglich aus Kapazitätsgründen.

Für mich ergibt sich ein zunehmend dringender Gesprächsbedarf mit dem hiesigen Amt für Soziales. Ich möchte verstehen, wie es zu den unterschiedlichen Bedarfseinschätzungen kommt.

Pflegeberatung

Pflegebedürftige Menschen haben bei der Auswahl und Inanspruchnahme von bundes- oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen sowie sonstigen Hilfsangeboten, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind, Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch eine PflegeberaterIn (§ 7a SGB XI Pflegeberatung). Die Pflegeberatung haben wir mit dem PSG II neu geregelt. So sind die Pflegekassen verpflichtet, ihren pflegebedürftigen Versicherten sowie auf deren Wunsch auch pflegenden Angehörigen und nahestehenden Personen eine individuelle Pflegeberatung anzubieten. Die Pflegeberatung darf nur durch PflegeberaterInnen mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden. Mit dem Pflegestärkungsgesetz III wollen wir die Pflegeberatungsstrukturen durch den Aufbau von mehr Pflegestützpunkte in den Kommunen stärken.

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und „Neues Begutachtungsassesment“

Ab dem 1. Januar 2017 werden wir in eine „neue Pflegewelt“ eintreten. Deshalb haben wir mit dem Pflegestärkungsgesetz II den Pflegebedürftigkeitsbegriff neu definiert und damit mehr Gerechtigkeit in der Pflege aufgrund von somatischen, kognitiven als auch psychischen Beeinträchtigungen geschaffen. Die Ziele des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff korrespondieren mit dem unter anderem vom MDK/Medicproof verwendeten „Neuen Begutachtungsassessment“ (NBA), mit dem Zuordnungen zu fünf Pflegegraden erfolgen. Die mit dem NBA gewonnen Informationen über Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einer pflegebedürftigen Person sind nutzenbringende Informationen für die  Pflegefachkraft, die für die Pflegeplanung und Steuerung des Pflegeprozesses verantwortlich ist - ein individueller Pflegeplan ist dies aber nicht, soll es auch nicht sein. Zwischen dem NBA und einer Pflegedokumentation gibt es Unterschiede und Zusammenhänge.

Entbürokratisierung in der Pflege - Pflegedokumentation

Einvernehmen besteht darin, dass überflüssige Dokumentationspflichten und Bürokratie die Pflegefachkräfte „nervt“. In den vergangenen Jahren haben diesbezüglich zahlreiche Gespräche und Modellprogramme zur Verbesserung stattgefunden, neue gesetzliche Regelungen wurden geschaffen. Zur Neuausrichtung der Dokumentationspraxis in der ambulanten und stationären Langzeitpflege wird derzeitig bundesweit das Modell Ein-STEP (Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation) implementiert. Dieses neue Dokumentationskonzept findet großen Anklang, bereits mehr als 9.000 stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen haben sich für die Umstellung auf das neue und schlankere Modell entschieden. Mit dem im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums entwickelten "Strukturmodell" wird die Pflegedokumentation in der Praxis erheblich effektiver und effizienter gestaltet und zwar ohne fachliche Standards zu vernachlässigen, die Qualität zu gefährden oder haftungsrechtliche Risiken zu erzeugen. Ob es in den eigenen Organisationsstrukturen eingeführt wird, entscheiden die jeweiligen Trägerverbände. Zum 1. Januar 2016 wurde zudem gesetzlich sichergestellt, dass anhand des neuen Dokumentationsmodells mögliche erreichte Zeiteinsparungen nicht zu Einsparungen bei den Kostenträgern führen dürfen, sondern tatsächlich bei den Pflegekräften und damit bei den pflegebedürftigen Menschen ankommen.

Herausforderung aufgrund des Fachkräftebedarfes

Ein weiteres großes Thema war der Fachkräftemangel. Frau Braun berichtete, dass sie zunehmend Probleme mit der Einhaltung der Fachkräftequote hat. Sie wünscht sich eine Senkung der Fachkräftequote, da der Fachkräfte-“Markt“ leergefegt sei. Bei allem Verständnis für ihre Lage - erhöhter Arbeitsaufwand aufgrund der Organisation von kurz- oder langfristigen Vertretungskräften, damit der Pflegedienst seine Zulassung nicht verliert und die Kundinnen auch durch Fachkräfte versorgt werden können - werde ich mich für diesen aus der Not heraus geborenen Wunsch nicht stark machen. Es gilt die gesetzten Standards der Qualitätsabsicherung einzuhalten.

Pflegebetrug - ungerechtfertigter Generalverdacht

Selbstverständlich sei jeder Pflegebetrug zu ahnden. Dass aber insbesondere die ambulanten Pflegedienstleister zunehmend unter Generalverdacht gestellt werden, belastet alle MitarbeiterInnen der derzeitigen rund 575 Anbieter in Berlin sehr, so Frau Braun und Frau Pilz. Die von ihnen geleistete Arbeit würde dadurch zunehmend weniger Wertschätzung erfahren. Ich habe darauf verwiesen, dass wir mit dem Pflegestärkungsgesetz III weitere Instrumente zur Bekämpfung von Pflegebetrug aufgenommen werden. Damit wollen wir die Pflegebranche auch stärker vor einzelnen „schwarzen Schafen“ schützen.

Pflegeberufereformgesetz

Die Ziele des Pflegeberufereformgesetzes - Implementierung einer generalistischen Pflegeausbildung und die Schaffung akademischer Strukturen - werden von Frau Braun und Frau Pilz ausdrücklich begrüßt. Auch Sie sind davon überzeugt, dass damit mehr (junge) Menschen für die Branche Pflege gewonnen werden können. Es seien aber noch viele weitere Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Berufe in der Pflege notwendig.

Bundesteilhabegesetz

Am 26. April 2016 wurde der Referentenentwurf und am 28. Juni 2016 der Kabinettsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für ein „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG)“ vorgelegt. Nach einen äußerst intensiven und breiten mehrmonatigem partizipativem Beteiligungsprozess sind zwischen diesen beiden Stationen des Gesetzgebungsprozesses schon zahlreiche Veränderungen erfolgt. Im Herbst beginnt der parlamentarische Beratungsprozess, die erste Lesung im Deutschen Bundestag ist voraussichtlich am 22/23. September.
Da seitens der Diakonie-Station Mariendorf keine Menschen mit Behinderungen betreut werden, ist dieses hier kein so großes Thema.

Lob für meinen Einsatz für die Gründung einer Pflegekammer in Berlin

Gegen Ende des Gespräches kam es unerwartet zu einem doppeltem Lob durch die Pflegefachkräfte Andrea Braun und Sylvia Pilz: Sie lobten meinen persönlichen Einsatz für die Gründung einer Pflegekammer in Berlin. Die Pflege professionalisiert sich zunehmend. Die hier Tätigen wollen selbst mitentscheiden, wie die Weiterentwicklung der Pflege als Berufsstand angesichts der demographischen Entwicklung und den damit einhergehenden umfangreichen fachlichen Veränderungen geschehen soll. Die allermeisten der hier Tätigen wollen die Fremdbestimmung beenden. Eine schlagkräftige Pflegekammer und vor allem eine funktionierende Kooperation von Pflegekammern, Gewerkschaften und Berufsverbänden trage wesentlich zur Attraktivitätssteigerung für die Pflegeberufe bei. Die Aufgaben der Gewerkschaften würden dadurch nicht geschmälert. Ihre Rolle - unter anderem im Kontext von Tarifverhandlungen - werde nicht geschmälert. Beklagt wird, dass es in der Branche Pflege zu wenige tarifrechtlich geregelte Arbeits- und Entlohnungsstrukturen gibt.

Lob an das Bundesministerium für Gesundheit

Das zweite Lob geht an das Bundesgesundheitsministerium. Die zahlreichen Informationsmaterialien, die das Ministerium herausgibt, seien sehr informativ. Hier sei viel Wissenswerte über die einzelnen Leistungen als auch für eine gute Pflege nachzulesen.

Diakonie-Station Mariendorf

Die Diakonie-Station erbringt eine umfassende Beratung z. B. bei der Kostenübernahme durch die Kranken- oder Pflegekasse, unterstützt bei der Antragstellung und informiert zu allen Fragen der häuslichen Pflege. Examinierte Pflegefachkräfte und Hauswirtschaftskräfte bieten unter anderem an: eine Grund- als auch eine Behandlungspflege, Alltagshilfen, hauswirtschaftliche Hilfen bzw. deren Vermittlung, Pflegekurse für Angehörige, Verhinderungspflege, Pflegefachberatung / Beratung bei Altersdemenz, Kontaktvermittlung zu anderen Dienstleistern und auch Seelsorge sowie einen ehrenamtlichen Hospizdienst.