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Freiwillige im Bundestag: Zum jährlichen Gespräch mit Bundesfreiwilligen von IN VIA e.V.

Alle Jahre wieder und alle Jahre anders spannend: Ich habe mich sehr gefreut, am 16. Juni 2016 wieder mit rund 20 Bundesfreiwilligen von IN VIA e.V., dem Katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit des Erzbistums Berlin e.V. im Bundestag zu diskutieren. IN VIA unterstützt neben vielfältigen Projekten als Träger auch verschiedenste Freiwilligenprojekte - das Freiwillige Soziale Jahr, internationale Freiwilligendienste und auch den Bundesfreiwilligendienst. Letzterer hat 2011 den Zivildienst abgelöst und ist deshalb so wichtig, weil im Unterschied zum Freiwilligen Sozialen Jahr oder dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, er allen Altersgruppen ermöglicht, sich bürgerschaftlich zu engagieren. Innerhalb des Bundesfreiwilligendienstes freue ich mich besonders, dass seit 2015 auch ein Sonderprogramm mit 10.000 Stellen geschaffen worden ist, um Einheimischen, aber auch Asylberechtigten und AsylbewerberInnen die Möglichkeit zu geben, in sozialen Einrichtungen zu arbeiten. Denn bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligendienste sind das Salz in unserer Gesellschaft, sind eine tragende Säule der Demokratie und stellen gesellschaftlichen Zusammenhalt dar.

„Der Bundesfreiwilligendienst darf nicht als Lückenbüßer für fehlende Maßnahmen im Arbeitsmarkt missbraucht werden.“

Nach der Darlegung meines politischen Werdeganges und dem durchaus komplexen und teilweise auch langen Werdegang eines Gesetzes von der Entstehung bis zur Verabschiedung im Parlament, stellten die GesprächsteilnehmerInnen Fragen bzw. äußerten sich zu den unterschiedlichen politischen Prozessen. Gestartet wurde mit einem für die ganze Gruppe brennenden Thema: Was passiert nach der Absolvierung des Freiwilligendienstes? Die Freiwilligen aus Berlin, Brandenburg und Vorpommern arbeiten in unterschiedlichen Einrichtungen: z.B. in Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen, Seniorenheimen, im Franziskanerkloster oder in der Bahnhofsmission am Ostbahnhof. Die Alterspanne war so weit wie ihre Einsatzorte vielfältig: von 30 bis 63 Jahre alt waren die Freiwilligen. Sie beschrieben, dass sie sich sehr wohl in den Einrichtungen fühlten, aber natürlich die Ungewissheit da sei, was nach dieser Zeit passiert. In diesem Zusammenhang wurde aber auch deutlich gemacht, dass in vielen sozialen Einrichtungen ein übergroßer Arbeitsanteil von Freiwilligen und Ehrenamtlichen geleistet werde. Dieses „Spannungsfeld der Ungewissheit“ wie es die Freiwilligen nannten, konnte ich sehr gut nachempfinden. Es ist aber auch wichtig, dass die Grenzen von Freiwilligendienst und Arbeitsmarkt nicht verwischen. Jede Säule hat ihre eigenständige Berechtigung.

Im Gesundheits- und Pflegebereich wird vieles reformiert

In diesem Zusammenhang kam die Sprache schnell auf den Gesundheitsbereich, konkret auf die Pflege: Wann würde denn die generalistische Pflegeausbildung beschlossen? Was ist mit einer Pflegekammer? Was passiert auf Grundlage der Pflegestärkungsgesetze I, II und dann noch III? Zu den bereits verabschiedeten Pflegestärkungsgesetzen I und II konnte ich breit ausholen, ebenso zur Pflegekammer und auch zu den Planungen hinsichtlich der Zusammenlegung der bisher drei Berufen zu einem einheitlichen Berufsabschluss. Wir wollen die Pflegeausbildung als auch die Beschäftigung in der Pflege attraktiver machen, wollen auch die Entlohnungsstrukturen sowie die Arbeitsbedingungen verbessern. Mit dem Pflegeberufereformgesetz reagieren wir auf den demographischen und epidemiologischen Wandel. Ich stehe für Versorgungs- und PatientInnensicherheit. Deshalb brauchen wir breit qualifizierte Fachkräfte. Gute Pflege muss in jeder Häuslichkeit, in jeder stationären Einrichtung und auch im Krankenhaus sichergestellt sein!

Zu allen Themen habe ich bereits zahlreiche Veranstaltungen mit hervorragenden ReferentInnen organisiert bzw. an ihnen teilgenommen.

Wie bestimme ich selbst – auch in Bezug auf das Lebensende?

Zum Ende des Gesprächs kamen wir auch auf das Ende des Lebens zu sprechen, angeregt durch die Erfahrungen der TeilnehmerInnen. Eine intensive Diskussion entspann sich darüber, in welcher Form nun die parlamentarisch und gesellschaftlich viel besprochenen Maßnahmen zur Sterbehilfe ihren letztendlichen gesetzlichen Niederschlag gefunden hatten. Am 6. November 2015 hatte der Bundestag die Sterbehilfe in Deutschland neu geregelt. Mehrheitlich angenommen wurde der „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ der Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Die Linke) und Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) und weiterer KollegInnen aus allen Fraktionen. Darin ist vorgesehen, geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe zu stellen und einen entsprechenden Paragraphen im Strafgesetzbuch zu schaffen. Davon betroffen sind Vereine, Organisationen und Einzelpersonen, die mit geschäftsmäßiger Absicht Suizidassistenz anbieten. Ihnen droht bei einer Verurteilung eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Angehörige oder dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die im Einzelfall handeln, sind hingegen von der Strafandrohung ausgenommen.

Diskutiert wurde auch über den Ausbau der Palliativ- und Hospizarbeit, die Verlässlichkeit einer PatientInnenverfügung.

Mir war wichtig zu betonen, dass das Prinzip der Selbstbestimmung eine zunehmend größere Bedeutung erhält. Ich muss meinen Willen aber auch dokumentieren – das ist beim Organausweis schon schwierig: 70 Prozent begrüßen eine Organspende, aber nur 30 Prozent haben dieses auch tatsächlich dokumentiert.

An der Selbstbestimmung schieden sich aber auch die Geister, auf die vielfältigen Erfahrungen, Ängste und Befürchtungen konnte gar nicht im Einzelnen eingegangen werden.

Ich bin dankbar für diese intensiven Diskussionen, geben sie doch wertvolle Denkanstöße auch für mich. Ich freue mich schon, im nächsten Jahr wieder eine Gruppe Bundesfreiwilliger von IN VIA e.V. im Deutschen Bundestag begrüßen zu dürfen.