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Spannender Gedankenaustausch mit SchülerInnen der Albertinen-Schule aus Hamburg

Am 4. Februar 2016 besuchten mich SchülerInnen der Albertinen-Schule aus Hamburg im Deutschen Bundestag. Sie absolvieren in der Albertinen-Schule eine generalistische Pflegeausbildung. So werden die AbsolventInnen „befähigt und berechtigt … gesunde und kranke Menschen jeden Alters - und ggf. deren Bezugspersonen - selbstständig und eigenverantwortlich zu betreuen, zu beraten und in ihrer individuellen Lebensführung zu unterstützen. Dabei beziehen die Pflegenden das familiäre und soziale Umfeld der angesprochenen Menschen ein und nutzen die Möglichkeiten des Gesundheits- und Sozialsystems. Sie sind qualifiziert, umfassende Pflegesituationen mit vermehrten Rehabilitations-, Präventions-, Beratungs-, Anleitungs- und Steuerungsaufgaben zu gestalten. Die Ausbildung führt in drei Jahren zum Staatsexamen Gesundheits- und Krankenpfleger/-in, generalisiert.“

Für mich war die Diskussion besonders spannend, da ich mich bereits seit Jahren für eine bundesweite generalistische Pflegeausbildung einsetze.

Die Vorzüge der generalistischen Pflegeausbildung

Wir unterhielten uns über die Chancen der generalistischen Pflegeausbildung. Während derzeit die durchschnittliche Verweildauer im Pflegebereich bei durchschnittlich acht Jahren liegt, besteht bei einer breiteren Grundausbildung die Chance, dass Pflegekräfte gesünder und bis zum Erreichen ihrer Rente in der Branche arbeiten - die Zahl der möglichen Einsatzorte steigt und somit auch die Möglichkeit zu einer besseren Work-Life-Balance. Durch einen vorzeitigen Ausstieg aus der Branche steigt die Gefahr unzureichender Rentenansprüche.

Die generalistische Grundausbildung bietet eine sehr gute Heranführung an die pflegerischen Erfordernisse. Nach dieser Grundausbildung mit einem breiten Know-How spezialisieren sich die Pflegekräfte an den unterschiedlichen Arbeitsplätzen für unterschiedliche Anforderungen. Es wird üblicher werden, dass es zu häufigeren Wechseln innerhalb der Pflegebranche kommt - gut so, besser als die Branche zu verlassen.  

Im Koalitionsvertrag hat sich die große Koalition auf die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung verständigt. Die zuständigen Bundesministerien - Bundesgesundheitsministerium und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - sowie die die Koalition tragenden Fraktionen arbeiten derzeit an der Einführung. Die generalistische Pflegeausbildung kommt!

Als SPD-Bundestagsfraktion setzen wir uns für einen qualitätsorientierten Schlüssel Fachkräfte : PatientInnen ein. Der demographische Wandel stellt neue fachliche Anforderungen, um die Versorgungssicherheit der PatientInnen zu gewährleisten.

Mein Credo: Die Zeit, die in Ausbildung-, Umschulung- oder auch Studium investiert wird, muss sinnvoll investierte Lebenszeit sein. Die Ausbildungen müssen zukunftsorientiert sein, damit sie eine gute Grundlage für die anschließende Erwerbstätigkeit sind. Wir müssen auch in der Politik verstärkt lebenslauforientiert denken und handeln. Wir brauchen eine stärkere vertikale und horizontale Durchlässigkeit der Pflegeberufe. Diese Forderung gilt für einige nicht nach einer bundeseinheitlichen Ausbildungsregelung in der Praxis entstandenen Heilberufe ebenso wie für die Vielfalt der zertifizierten Kurse nach Landesrecht, die unterhalb der dreijährigen Ausbildung zu absolvieren sind.  

Die Auswirkungen der Pflegestärkungsgesetze

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrad sollen zum 1. Januar 2017 wirksam werden. Das Pflegestärkungsgesetz bringt den Pflegebedürftigen, den pflegenden Angehörigen als auch den professionell Pflegenden zahlreiche Verbesserungen. Bereits seit Januar 2016 gelten folgende Regelungen:

  • Beratung: Pflegende Angehörige erhalten einen eigenen Anspruch auf Pflegeberatung. Wer Leistungen bei der Pflegeversicherung beantragt, erhält zudem automatisch das Angebot für eine Pflegeberatung.
  • Anpassung der Rahmenverträge: Die Rahmenverträge über die pflegerische Versorgung in den Ländern sind von den beteiligten Partnern der Selbstverwaltung an den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff anzupassen. Dazu gehören auch die Vorgaben zur Personalausstattung.
  • Pflegesätze und Personalschlüssel: Vor Einführung der neuen Pflegegrade müssen Träger der Pflegeeinrichtungen, Sozialhilfeträger und Pflegekassen die Personalstruktur und die Personalschlüssel der Einrichtungen prüfen und bei Bedarf anpassen. Bis zum 30. September 2016 müssen sie neue Pflegesätze für die Pflegeheime vereinbaren.

Immer wieder debattiert werden in der Pflegebranche aber auch in der Politik Forderungen nach einer gesetzlichen Personalbemessung. Um eine bundesweit geltende Personalbedarfsbemessung auf eine verlässliche und gute Grundlage zu stellen, soll bis Mitte 2020 ein wissenschaftlich abgesichertes Verfahren zur Personalbedarfsbemessung entwickelt werden.

Pflegefachkräfte fehlen überall. Im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes haben wir ein Pflegestellenförderprogramm aufgelegt. Zwischen 2016-2019 werden zusätzliche Pflegestellen „am Bett“ im Volumen von 660 Millionen Euro finanziert - das sind pro Krankenhaus rund zwei bis drei Stellen.

Die Akademisierung der Pflegeberufe

Wir brauchen auch Fachkräfte, die ein Studium absolviert haben. Im Pflegeberufegesetz wird von 20 Prozent aller Fachkräfte ausgegangen. Damit sind wir im europäischen Vergleich bestens aufgestellt, denn oftmals bedarf es für die gleichen Tätigkeiten, welche in Deutschland bereits mit einer dreijährigen Ausbildung verrichtet werden dürfen, im europäischen Ausland einen Studienabschluss. Dies ist auch ein Beweis dafür, dass die Ausbildung in Deutschland sehr qualitätsorientiert aufgestellt ist. 

Barrierefreiheit im öffentlichen Raum

Die angehenden Pflegefachkräfte thematisierten auch die Bedarfe vieler älterer Menschen und Menschen mit Behinderungen. In einer Gesellschaft des längeren Lebens müssen sich auch die Kommunen auf neue Bedarfe einstellen. Mit dem 2016 geplanten Kommunalen Pflegestärkungsgesetz sollen wir die Sozialversicherungen und die Kommunen zum Beispiel in der Pflegeberatung stärker verzahnen. Wir müssen uns viel stärker als bisher auch dem Thema Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, im ÖPNV, etc. stellen.

Die Chancen von Asyl und Zuwanderung insbesondere für die Pflege

Deutschland wird in den kommenden Jahrzehnten sehr stark vom demographischen Wandel betroffen sein. Der Versorgungsbedarf gerade unserer älteren BürgerInnen steigt in bisher unbekannter Weise. Darum sollten wir die Talente der Asylsuchenden und Geflüchteten auch dazu nutzen, viele für die Pflege zu begeistern. Dies ist eine Win-win-Situation für uns alle: Die steigende Nachfrage nach Betreuung und Pflege könnte besser erfüllt werden. Arbeit ist ein wichtiger Faktor zur Integration und Teilhabe an der Gesellschaft. Jobcenter sollen ihre Angebote in Zukunft auch auf geflüchtete und zugewanderte Menschen ausweiten. Zu verbessern sind die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse.  

Ich habe mich sehr über die vielen Fragen gefreut und wünsche den PflegeschülerInnen alles Gute auf ihrem weiteren Lebensweg!