Zum ersten Jahrestag des Inkrafttretens des „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) erklärt Mechthild Rawert, MdB, Mitglied der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und als solche die Beauftragte Deutschlands im parlamentarischen Netzwerk „Gewaltfreies Leben für Frauen” der Parlamentarischen Versammlung des Europarates:
„Um noch in dieser Legislatur eine Ratifizierung der Istanbul-Konvention zu erreichen, ist sowohl mehr Überzeugung in die Notwendigkeit der grundlegenden Änderung und der Verschärfung unseres Sexualstrafrechts als auch mehr Tempo in der Umsetzung geboten. Wir wissen doch, was zu tun ist: Umfassend geschützt werden muss das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Männern im Sinne der Istanbul-Konvention. Und das heißt: Ein Nein ist ein Nein! Und jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung gehört unter Strafe.“, so Rawert.
Bundesjustizminister Heiko Maas hat am 14. Juli einen Referentenentwurf zur Änderung des Strafrechts vorgelegt, um juristische Schutzlücken zur sexuellen Nötigung/Vergewaltigung zu schließen. Der Entwurf beseitigt in Teilen nicht länger hinnehmbare Versäumnisse der aktuellen Rechtslage. Diese sieht augenblicklich vor, dass Opfer von Vergewaltigungen nur dann geschützt sind, wenn der Täter gegen sie Gewalt anwendet, ihnen droht oder sie ihm ausgeliefert sind, beseitigt. Dieses enge Verständnis von Vergewaltigung wird dem Tatbestand sexueller Gewalt aber häufig nicht gerecht. Viel Täter entgehen dadurch ihren Strafen, Opfer einer Vergewaltigung zeigen sie wegen der hohen Verurteilungshürden noch nicht einmal an.
„Mich sorgt, dass das Institut für Menschenrechte und zahlreiche JuristInnen schon jetzt zu dem Schluss kommen, dass der umfassende Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechts von Frauen und Männern gemäß den Verpflichtungen der Istanbul-Konvention mit diesem Referentenentwurf nicht gewährleistet wird. Wir dürfen nicht aufhören, die Debatte um das sexuelle Selbstbestimmungerecht in der Gesellschaft als auch im Parlament laut zu führen. Gelten muss: Ein Nein ist ein Nein!“, so Rawert weiter.
„Im kommenden Jahr werde ich als Beauftragte Deutschlands bei einer internationalen Kampagnenveranstaltung des Netzwerkes „Gewaltfreies Leben für Frauen” in Berlin die Bemühungen zur Reform des nationalen Rechts darstellen. Ich hoffe, dass Bund und Länder sich bis dahin auf ein Rechtsverständnis zur sexuellen Selbstbestimmung einigen, welches die Voraussetzungen zur Ratifizierung der Istanbul-Konvention im Jahre fünf nach der Unterzeichnung erfüllt.“, führt Rawert abschließend aus.
Deutschland gehörte mit zu den Erstunterzeichnern der Konvention im Mai 2011. Die Istanbul-Konvention ist am 1. August 2014 in Kraft getreten. Mittlerweile haben 18 Staaten die Istanbul-Konvention ratifiziert, Deutschland ist nicht dabei.