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Die Würde des Menschen ist unabhängig von seiner Nützlichkeit

Unser Hamburger Programm findet klare Worte: „Die Würde des Menschen ist unabhängig von seiner Leistung und seiner wirtschaftlichen Nützlichkeit. Darum ist die Gesellschaft bei Behinderung, im Alter, am Lebensanfang und am Lebensende zum Schutz der Menschenwürde besonders verpflichtet.“ Wir SozialdemokratInnen wissen, dass sich eine solidarische BürgerInnengesellschaft auch dadurch auszeichnet, dass sie Menschen mit Behinderungen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht. Auf diesem Weg dahin gibt noch viel zu tun. Wir wollen im konkreten als auch übertragenen Sinne „Barrierefreiheit“ für alle erreichen. Wir wollen auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen Zugänge zu bestmöglicher Bildung, existenzsichernder Erwerbsarbeit und ungehinderter Teilhabe am politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

UN-Behindertenkonvention: Bildung für alle gemeinsam
Einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg für mehr Teilhaberechte stellt die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom 26. März 2009 dar. Die UN-Konvention beendet die Betrachtung von Behinderung als Defizit. Vielmehr wird mit  „Inklusion“ ein neuer Begriff eingeführt, der zugleich für die zentrale Aussage und Forderung der Behindertenkonvention insgesamt steht. So wird als Ziel die vollständige und wirksame Partizipation und Inklusion in der Gesellschaft gesetzt. Konkrete Gestalt gewinnt dieses Prinzip zum Beispiel in den Forderungen nach gleichberechtigtem Zugang zum Arbeitsmarkt, nach Möglichkeiten der Teilhabe am kulturellen Leben, nach gleichberechtigter Mitwirkung in der Politik und für ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen.

Gerade für den Bildungsbereich ist das eine große Herausforderung. Die Bundesrepublik verpflichtete sich, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder mit Behinderungen auf Grund ihrer Behinderung vom Grundschulunterricht oder von der Sekundarschulausbildung nicht ausgeschlossen werden dürfen. Der Prozentsatz von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung, die gemeinsam mit nicht behinderten Kindern eine Schule besuchen, liegt in Deutschland seit Jahrzehnten nahezu unverändert bei nur rund 15 Prozent. In vielen Nachbarländern liegt dieser Anteil bei weit über 60 Prozent. Mehr als die Hälfte der Kinder von Förderschulen verlassen diese ohne Abschluss. für eine noch höhere
Zahl von Kindern führt der Weg im Anschluss an die Förderschule direkt in eine Werkstatt für behinderte Menschen - und nicht in den Arbeitsmarkt..

Tempelhof-Schöneberger Schulen haben Nachholbedarf
Bildung ist der Schlüssel. Das ist für mich der Ansporn, mich verstärkt für eine konsequente Umsetzung der UN-Konvention einzusetzen.  
Am 19. Februar habe ich daher die SchulleiterInnen der sonderpädagogischen Förderzentren, der Modellgrundschulen in Tempelhof-Schöneberg und unsere FachpolitikerInnen der BVV-Fraktion zu einem Runden Tisch „Inklusion“ ins Wahlkreisbüro eingeladen. Ich wollte erfahren, wie hier vor Ort der aktuelle Stand der Umsetzung aussieht und was die AkteurInnen vorschlagen.
Ein Fazit: Die Durchlässigkeit ist auch in Tempelhof-Schöneberger Schulen verbesserungswürdig. Es mangelt zum Einen an der sächlichen und personellen Ausstattung der Schulen, die sich Inklusion auf die Fahne geschrieben haben. Zum Anderen fehlt es vielen Schulen an der Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft von SchülerInnen mit Behinderungen. Dies gilt in verstärktem Maße für die Sekundarstufen I und II.
Mit der Inklusion von SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen gehen Herausforderungen sowohl hinsichtlich des Raumbedarfs als auch an SonderpädagogInnen einher. So werden Gesundheitsräume, Räume für Psychomotorik oder auch behindertengerechte Sanitärräume benötigt. Diese besonderen Bedarfe müssen in das Musterraumprogramm unserer Schulen aufgenommen werden.

Liebe Genossinnen und Genossen,

im Prozess der Umsetzung der UN-Konvention sind wir alle gefordert: die Bundes-, Landes- und Bezirksebene, die Wirtschaft und Gewerkschaften, Verbände, Selbsthilfegruppen, Zivilgesellschaft und - nicht zuletzt - die Betroffenen selbst.

Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, Ausgabe 4, Mai 2010