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Das Blaue Kamel: „Berlin wählt - ich auch“ - Meine Stimme für Inklusion

Am 1. September war es wieder soweit: Im Kesselhaus der Kulturbrauerei fand anlässlich der Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 18. September die mittlerweile schon legendäre Podiumsdiskussion mit ParteienvertreterInnen statt. Im Mittelpunkt des Interesses der über 450 anwesenden Menschen mit und ohne Behinderungen und Beeinträchtigungen war die Frage und Forderung an jede Partei: „Und was tut deine Partei für mich?“. Fragen und Forderungen wurden von VertreterInnen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, PIRATEN, Die LINKE beantwortet. Ausdauernde konnte sich draußen noch weiterhin an den verschiedenen Informationsständen über Politik unterhalten, konnten sich vor allem aber noch auf der anschließenden 20-Jahre-Blaues-Kamel-Party amüsieren.

Eröffnet wurde die Wahl- und Informations-Veranstaltung des Blauen Kamels von Sieghard Gummelt und Christiane Müller-Zurek, SprecherInnen des Blauen Kamels. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Berliner Landeszentrale für politische Bildung statt und wird unterstützt von Aktion Mensch e.V.

"Es ist normal, verschieden zu sein"

"In Berlin leben über 300.000 Menschen mit Behinderung", sagt Sieghard Gummelt, "das Blaue Kamel sorgt dafür, dass sie gut informiert ihr Wahlrecht ausüben können". Im Aktionsbündnis "Das Blaue Kamel" haben sich über 50 Berliner Träger der Berliner Behindertenhilfe zusammengeschlossen. Unter dem Slogan "Es ist normal, verschieden zu sein" plant, organisiert und setzt das Blaue Kamel seit 20 Jahren Aktivitäten wie Demonstrationen, Informations- und Diskussionsveranstaltungen, Filmproduktionen und -vorführungen um. Sie alle wollen die Interessen von Menschen mit Behinderungen in den Vordergrund der gesellschaftspolitischen Diskussion stellen, sie alle wollen zur Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen beitragen. Und dazu gehört auf jeden Fall die Ausübung des demokratischen aktiven und passiven Wahlrechts.

Ich habe mich gefreut, dass Dr. Jürgen Schneider, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung, und Joachim Merfort, Landeszentrale für politische Bildung/Referent Projekte, sowie Klaus Mindrup und ich, beide Bundestagsabgeordnete, beide SPD, auch herzlich begrüßt wurden. Herzlich begrüßt wurden auch Harald Pignatelli, vielen vom RBB bekannt und Moderator der Veranstaltung, David Rosemann, der Co-Moderator, und die beiden Gebärdensprachdolmetscherinnen Maria Degen und Mira-Esther Weischet sowie Reinald Purmann, Mitbegründer des Blauen Kamels.

Live-Mitschnitt und Interviews der Wahl- und Informations-Veranstaltung

Besonders erfreulich ist aber, dass ALEX Berlin die Veranstaltung zum einen live übertragen hat, zum anderen auch die Möglichkeit bietet, sich den Live-Mitschnitt dieses tollen und informativen Events auch jetzt noch anzuschauen. Mach dich schlau - schau rein. Außerdem hat das Medienprojekt Berlin e.V. - Inklusion - Alles nur ein Spiel? zahlreiche spannende Interviews geführt, die hier ebenfalls zu sehen und zu hören sind.

Grußwort des Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD)

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sandte ein Grußwort an die TeilnehmerInnen, das von der SPD-Abgeordneten Ülker Radziwill verlesen wurde. Michael Müller erklärt, dass er „das Blaue Kamel“ dabei unterstützen will, Menschen mit Behinderungen in Berlin eine starke Stimme zu geben. Am demokratischen Prozess teilzuhaben ist für alle „ein Grundrecht und ein wichtiger Beitrag zu einer aktiven Stadtgesellschaft“.

„Für die SPD ist es eine Herzensangelegenheit, Menschen mit Behinderungen dabei zu unterstützen, vollständig an unserer Stadtgesellschaft zu partizipieren. Deshalb treiben wir die nachhaltige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bis zum Jahr 2020 konsequent voran. Der von mir geführte Senat hat daher im Mai 2015 die zehn behindertenpolitischen Leitlinien des Landes Berlin konkretisiert. Seit 2013 werden verschiedene Gesetze, Verordnungen und Vorschriften des Landes Berlin auf deren Vereinbarkeit mit den rechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention geprüft.

Klar ist für uns: Wir wollen die inklusive Stadt, die Stadt ohne Barrieren schaffen. Denn eine solidarische Bürgergesellschaft zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie Menschen mit Behinderungen Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht. Dies wollen wir gerade in den Bereichen Bauen, Wohnen, Verkehr, Gesundheit und Medien gewährleisten.

Barrierefreies Wohnen fördern wir dabei besonders. Seit 2006 haben wir Barrierefreiheit in der Berliner Bauordnung verankert. Wichtig ist uns, dass der bedarfsgerechte Umbau möglichst leicht stattfinden kann und auch bei einem Mieterwechsel bestehen bleibt. Ebenso werden wir die Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden weiter vorantreiben.

Einen Schwerpunkt legen wir auch auf den weiteren Ausbau eines modernen und barrierefreien ÖPNV. Bis 2020 schaffen wir den barrierefreien Zugang zu allen U- und S-Bahn-Stationen. Der für viele Menschen wichtige Begleitservice des VBB wird verstetigt. Und den ZOB werden wir ebenfalls barrierefrei ausbauen, um Berlin auch mit dem Fernreisebus barrierefrei erreichen zu können.

Gleichberechtigte Teilhabe bedeutet für uns auch: Einen barrierefreien Zugang zu den Angeboten der Verwaltung – egal ob bei Informationsmaterialien oder digitalen Serviceleistungen der Berliner Behörden. Auch die Zahl der barrierefreien Wahllokale wollen wir steigern, denn das Grundrecht auf Teilnahme an Wahlen darf nicht unnötig eingeschränkt werden. Und auch der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt muss inklusiver gestaltet werden, denn Arbeit ist ein weiterer wichtiger Baustein zu einem selbstbestimmten Leben.

Ob beim Ausbau des barrierefreien ÖPNV, bei der Förderung des inklusiven Schulsystems oder bei der Unterstützung des Behindertensports: Unser Ziel, die vollständige Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, wollen wir gemeinsam mit den Verbänden, Trägern, Selbsthilfegruppen, Initiativen und Organisationen erreichen. Wir als SPD bekennen uns dabei zu den Leitbildern Inklusion, Partizipation und Selbstbestimmung.“

Viel Fragen - viele Antworten

Wichtige AkteurInnen der Veranstaltung waren natürlich die PodiumsteilnehmerInnen

  • Ülker Radziwill, stellvertretende Fraktionsvorsitzende SPD
  • Joachim Krüger, Fraktionssprecher Sozialpolitik CDU
  • Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin Bündnis 90/Die Grünen
  • Dr. Klaus Lederer, Spitzenkandidat Die Linke
  • und Bruno Kramm, Spitzenkandidat Piraten.

Sie hatten sich vielen Fragen zu stellen in den Bereichen Leben und Wohnen, Arbeit und Soziales, Allgemeines, insbesondere zur Berliner Behindertenpolitik aber auch zu dem sich im parlamentarischen Verfahren befindlichen Bundesteilhabegesetz:

  • Haben Sie selber schon einmal Erfahrungen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen gemacht?
  • Warum dauert es für Gehörlose so lange bis wir Untertitel kriegen?
  • Wann werden noch mehr barrierefreie und auch günstige Wohnungen in der Innenstadt für Menschen mit Behinderung gebaut?
  • Warum wird unsere Arbeit in den Werkstätten so gering entlohnt?
  • Wann wird der Fahrstuhl in der Grenzallee fertig?
  • Was wird getan, damit auch Menschen mit Behinderungen Mutter/Vater sein und auch bleiben können?
  • Warum können sich Menschen mit Behinderung keine Eigentumswohnung kaufen?
  • Was wird getan, um den Zugang zu Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern?
  • Was wird für Menschen mit psychischen Erkrankungen getan?
  • Warum muss ich in 5 von 9 Lebensbereichen Unterstützungsbedarf haben, um Leistungen zu erhalten?
  • Muss ich jetzt in eine Wohngemeinschaft ziehen und mir Leistungen mit anderen teilen?

Den Gästen ging und geht Inklusion längst noch nicht weit genug. Sie verlangen noch mehr Engagement und politische Entscheidungen von den politischen „MacherInnen“. Diese versprachen glaubwürdig, sich für die Belange von Menschen mit Behinderung auch in der nächsten Legislatur einzusetzen.