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50 Jahre DGB-Haus in Schöneberg – ein Ort für soziale Gerechtigkeit und politische Bildungsarbeit

Mit einer Festveranstaltung feierte der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg am 5. Mai 2014 das 50-jährige Bestehen des Gewerkschaftshauses in der Schöneberger Keithstraße. Wie von Geburtstagen her bekannt, wurde ein Rückblick und eine Vorausschau gehalten. Eines ist sicher: insbesondere in den 60/70er Jahren haben hier viele junge Leute ihre politische Heimat gefunden. Gestandene GewerkschafterInnen wie Susanne Stumpenhusen, Landesvorsitzende von ver.di in Berlin und Brandenburg, zahlreiche MitarbeiterInnen gaben dem Haus die Ehre. Mir war es eine Freude einen ganzen Abend in gewerkschaftlichen Kreisen zu verbringen. Gewerkschafterin bin ich seit 1981, Sozialdemokratin seit 1987.

Von Anfang an schrieb das Haus Geschichte: Wenige Tage nach dem Mauerbau 1961 entschied der DGB, das Gewerkschaftshaus in der Keithstraße 1-3 zu bauen. Nur wenige Monate danach wurde der Grundstein gelegt. Der Bau dieses Hochhauses mitten in die Berliner City (West) war ein politisches Signal und ein Bekenntnis zu Berlin in der Hochphase des Kalten Kriegs. 1964 wurde das DGB-Haus eröffnet. „Modern und zweckmäßig“, befand damals der Tagesspiegel  und „städtebaulich imposant“.

URKUNDE zur Grundsteinlegung für den Neubau des Gewerkschaftshauses in der Hauptstadt Berlin
Von 1933 bis 1945 wurden die „unabhängigen Gewerkschaften der Arbeiter, Angestellten und Beamten verboten, ihre Führer in Gefängnisse und Konzentrationslager geworfen und aus ihrem Vaterland vertrieben. 1945 kamen die noch lebenden Führer der früheren Richtungsgewerkschaften  auf Grund ihrer Erfahrungen und Erkenntnisse überein, eine einheitliche, geschlossene Gewerkschaftsbewegung in Deutschland aufzubauen. Nach wenigen Jahren hatten die Gewerkschaften über sechs Millionen Mitglieder.

Im DGB-Haus fanden einige der Einzelgewerkschaften ebenso Unterschlupf wie die Weiterbildungseinrichtung Arbeit & Leben und die Büchergilde. Der damalige DGB-Bundesvorsitzende Ludwig Rosenberg wünschte dem Haus zur Einweihung eine Zukunft, in der es dereinst „mitten in einem vereinten Deutschland steht - in Frieden und Freiheit!“. Ein gutes Omen, konnte das DGB-Haus hat auch diesen Teil der wechselvollen Geschichte in der Halbstadt und dem wiedervereinigten Berlin erleben. Es kam zu einem enormen Ansturm. Nach der Wiedervereinigung wurde das Haus Sitz des DGB für ganz Berlin und Brandenburg.

Interessenvertretung - Kultur - Bildung - Beratung
Die Vorsitzenden Walter Sickert, Michael Pagels, Christiane Bretz, Dieter Scholz, Doro Zinke - jede/jeder von ihnen prägt(e) den DGB. Wer auf die Geschichte des Hauses und auf die DGB-Vorsitzenden verweist, muss aber auch an die Ebenen des Hauses denken, so Christian Hoßbach, stellv. Vorsitzender des DGB, Bezirk Berlin-Brandenburg in seiner Begrüßung zur Feierstunde im Wilhelm-Leuschner-Saal.

Die Geschichte und die Gegenwart des Hauses wäre nicht denkbar ohne die umtriebige Arbeit der Büchergilde, allen voran, Johanna Binger. Durch sie wurde das DGB-Haus auch zur Kulturstätte: Vernissagen, Buchlesungen zogen ein. Die Flure des Hauses haben sich gewandelt. Von einer vor allem auf Jugendliche und junge Erwachsenen hin orientierten Arbeit dienen die Räumlichkeiten auf den Etagen nun überwiegend den Beratungen für zahlreiche Aufgaben statt, u.a.: DGB-Rechtsschutz für Betriebs- und Personalräte, für MigrantInnen, für Menschen in „Hartz IV“-Bezug.

Vertreten sind auch zahlreiche Projekte: das Bündnis gegen Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung, das Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte in Berlin, die Kontakt- und Beratungsstelle (KBS) zur sozialpartnerschaftlichen Begleitung der Umsetzung des ESF, der Arbeitskreis ESF Berlin, das Projekt "Pflege ist Maßarbeit" und das Projekt „erneuerbare energien | ein arbeitsmarkt für frauen“.

Gewerkschaften im sich wandelnden Berlin
Hauptredner der Festveranstaltung war Ralf Wieland, Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin. Er würdigte in seiner Festansprache die Bedeutung der DGB-Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnte und für die Zukunft. In einem sich stetig wandelnden Berlin müssen auch Gewerkschaften sich jeweils anpassen und trotzdem ihrem Markenkern treu bleiben. Berlin würde sich in der Zukunft sehr verändern, würde zu einer der Mega-Cities Europas werden. Das ändere die Arbeitsstrukturen, verlange nach neuen Formen des Lebens und Arbeitens in der Stadt, verlange nach einer starken ArbeitnehmerInnenvertretung.

Engagement im Aktionsbündnis „Tempelhofer Feld für alle“

Ralf Wieland nutzte die Gelegenheit, den Gewerkschaften für ihr beherztes Engagement im Aktionsbündnis „Tempelhofer Feld für alle“ zu danken. Er sei froh, dass der DGB die Senatspolitik hier unterstütze. Das sei ein wichtiges Signal einer gesellschaftlich relevanten Organisation an die Stadt Berlin.

„Wir waren hungrig nach politischer Bildung“
Drei Zeitzeugen - Bernd Lindenau, ehemaliger Vorsitzender der Postgewerkschaft Berlin, Klaus Pommeränig, ehemaliger DGB- Jugendsekretär, Erwin See, ehemaliger Amtsleiter der Jugendförderung Spandau und IG Metall Jugend - schilderten unter der Moderation von Dieter Pienkny an diesem Abend anschaulich ihre Erlebnisse in den Nachkriegsjahren.

In den 60er Jahren war vor allem die gewerkschaftliche  Bildungs- und Kulturarbeit bedeutsam: Wir waren hungrig nach politischer Bildung, so ihr einheitlicher Tenor. Gewerkschaftliche Jugendbildungsstätten entstanden, Chöre und Kabarettgruppen wurden aus der Taufe gehoben.

Wie eng Kultur- und Arbeiterbewegung verwoben sind und einander bedingen, hatte der ehemalige Frankfurter Kulturdezernent Hilmar Hoffmann bereits 1980 in Worten gekleidet: “Kultur ist, wie der ganze Mensch lebt. Der gesamte Lebensprozess ist Teil unserer Beziehungen zur sozialen Umwelt, zum Partner, unsere Weise zu wohnen oder uns zu ernähren, die Art des Arbeitens, unsere Beziehungen zur Natur und schließlich zur Geschichte machen unsere Kultur aus.“

Fotos: DGB Berlin-Brandenburg