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Ergebnisoffene Prüfung der Fallpauschalen in Krankenhäusern

Rede vom 7. April 2011 zum Antrag "Ergebnisoffene Prüfung der Fallpauschalen in Krankenhäusern" (Drs. 17/5119) der Fraktion DIE LINKE.

 

 

 


 

Link zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages



102. Sitzung vom 07.04.2011
TOP 14 Fallpauschalsystem zur Krankenhausfinanzierung

Mechthild Rawert (SPD):

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörende im Saal!

Wir beraten heute den Antrag der Linksfraktion „Ergebnisoffene Prüfung der Fallpauschalen in Krankenhäusern“. Wer glaubt, dass das ein aufregendes, ein Thema mit Exotik ist, hat sich getäuscht. Aber vorhin sind zu Recht die immensen Geldsummen genannt worden, die in dem System der Fallpauschalen bewegt werden. Insofern ist das Thema sehr wichtig für das Gesundheitswesen.

Es geht um die Finanzierung der Krankenhausleistungen und darum, dass wir damit eine hochwertige medizinische Versorgung für die Patientinnen und Patienten mit einem motivierten und gut bezahlten Gesundheits- und Pflegepersonal sichern wollen.

Fallpauschalen existieren seit einigen Jahren. Der bisherige Weg, die Besonderheiten in den Versorgungsstrukturen und Behandlungsweisen immer besser im Fallpauschalen-Katalog zu berücksichtigen, wird konsequent beschritten. Insofern ist es richtig, dass wir von einem lernenden System reden. Die Abbildungsgenauigkeit wird immer besser, wie sich auch im Fallpauschalen-Katalog 2011 längst erwiesen hat.

Zu Recht – dafür danke ich – wird darauf Bezug genommen, dass sich einige der Befürchtungen, die bei der Einführung der DRGs geäußert worden sind, nicht bewahrheitet haben. Hierzu gehörte die Angst vor den sogenannten blutigen Entlassungen, der selektiven Auswahl von Patientinnen und Patienten durch die Krankenhäuser oder vor deren sinkender Behandlungsqualität. Man kann einfach sagen, dass sich das DRG-System bei den unterschiedlichsten Trägern des Gesundheitssystems etabliert hat.

Diagnosebezogene Fallpauschalen, um den Begriff, den wir kurz DRG nennen, auch einmal in Gänze auszusprechen, werden anhand medizinischer Diagnosen und Behandlungen wie auch anhand von demografischen Daten, Alter und Geschlecht, für Zwecke der Abrechnung klassifiziert. Leistung wird also auf einer Kostenebene anders abgebildet.

Unser hier in Deutschland praktiziertes System kann so schlecht nicht sein. Denn die Schweizer haben sich entschieden, ab dem Jahr 2012 das deutsche DRG-System als Grundlage für ein eigenes Abrechnungs- und Finanzierungssystem im Krankenhaus zu wählen.

Der Antrag der Linksfraktion fordert unter anderem die Einsetzung eines Sachverständigenrates zur Evaluierung des Fallpauschalensystems in der Krankenhausfinanzierung. Dieser Forderung können wir nicht zustimmen. Zu Recht ist vorhin schon gesagt worden, dass es Kritik an der Begleitforschung in der Vergangenheit gibt, die in den Berichten auch schon benannt worden ist.

Es gibt also auch Möglichkeiten, Themen der gesundheitlichen Versorgung genauer zu untersuchen. Hierzu wurden vielfältige Prüfanfragen verfasst, anhand derer derzeitig evaluiert wird. Unter anderem befasst sich das renommierte IGES-Institut damit. Es wurde 1980 gegründet und hat in über 1 000 Projekten zu Fragen des Zugangs zur Versorgung, ihrer Qualität, der Finanzierung sowie der Gestaltung des Wettbewerbs im Bereich der Gesundheit geforscht. Der schon erwähnte erste „Endbericht zum ersten Zyklus der G-DRG-Begleitforschung“ hat die Jahre 2004 bis 2006 begleitet und wurde 2010 vorgelegt.

Die Kritik habe ich bereits angesprochen. Begleitforschung darf nicht wie mit dem ersten Bericht verspätet erfolgen, sondern muss von Anfang an stattfinden. Auch die Hoffnung, dass es mit dem zweiten Bericht nun besser klappt, wurde schon formuliert.

Das Ergebnis ist Folgendes: Ein pauschaliertes Vergütungssystem führt weder zu frühzeitigen Entlassungen noch zu einer systematischen Patientenauswahl und auch nicht zu einer Verlagerung von Behandlungen in andere Versorgungsbereiche. Wir werden in den Diskussionen, die wir unter anderem über das Versorgungsgesetz führen werden, sehen, welche neuen Steuerungsfunktionen in Zukunft auf uns zukommen werden. Diese Funktionen sind auf jeden Fall noch genauer auszurichten.

Ich möchte auf einen anderen Punkt, der in der Praxis nur indirekt mit dem DRG-System zu tun hat, zurückkommen, und zwar auf die Situation der Beschäftigen im Gesundheitswesen. Ich bin genau zu dem Zeitpunkt, als das DRG-System eingeführt wurde, Zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Charité gewesen.

Gerade im Pflegebereich hat das DRG-System tatsächlich zu einem massiven Abbau von Beschäftigten geführt. Ein solcher Abbau kann und darf in Zukunft nicht mehr erfolgen. Deswegen sind die Prüffragen zur Situation der Versorgung im Gesundheitswesen im Interesse der Beschäftigten von uns als Parlamentarier und Parlamentarierinnen genau zu analysieren.

(Beifall bei der SPD)

Auf Fragen der sogenannten Mengenerweiterung will ich nicht näher eingehen.

Mein Vorschlag für eine gemeinsame Kontrolle ist: Nehmen wir die auch durch das InEK implementierte Steuerungsfunktion durch den Fallpauschalen-Katalog wahr! Kontrollieren wir die Wirkungen und Auswirkungen für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Beschäftigten im Gesundheitswesen! Kontrollieren wir den hoffentlich in naher Zukunft vorliegenden zweiten Evaluierungsbericht!

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)