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Frauen und Rechtsextremismus: Braune Schwestern

Zunehmend mehr Frauen sind aktiv in der rechtsextremen Szene, organisieren sich in eigenen Frauenorganisationen und in rechtsextremen Organisationsstrukturen, wo sie auch zunehmend Führungspositionen übernehmen. Das wird gesellschaftlich noch viel zu wenig wahrgenommen. Die gesellschaftlichen Wirkungen dieses Engagements von Frauen, bergen unterschätzte Gefahren:

Frauen sind hier längst nicht mehr die stillen Mitläuferinnen sondern aktive politische Akteurinnen - so das Fazit des Tagesforum der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) am 10. April in Leipzig, an dem Frauen aus ganz Deutschland teilnahmen. Für die ASF ist es mit diesem Seminar nicht getan. Der Kampf gegen Rechtsextremismus wird auch Thema der kommenden ASF-Bundesfrauenkonferenz vom 4. bis 6. Juni in Bonn.

Aktuelle Informationen zur Übernahme von Funktionen durch Frauen in der rechtsextremen Szene lieferte der Vortrag von Rena Kenzo, Mitautorin und Mitherausgeberin des Buches „Braune Schwestern? Feministische Analysen zu Frauen in der extremen Rechten“ und Mitglied des Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus. Das Netzwerk feiert im September 2010 sein 10jähriges Jubiläum.

Rechtsextreme Einstellungen bei Frauen und Männern unterscheiden sich nicht - so ein Ergebnis der soziologischen Langzeitstudie „deutsche Zustände“. Kenzo erläuterte, dass „nur“ 5-7 Prozent der Frauen Parteimitglieder und „nur“ rund 3-5 Prozent in Straftaten verwickelt seien. Sowohl als Wählerinnen als auch als Mitglieder von Cliquen und Organisationen stellen sie aber bereits einen Anteil von rund 30 Prozent. Das Bild der „friedfertigen Frau“ bewirke, dass das von diesen Frauen ausgehende Gefahrenpotential dramatisch unterschätzt werde. Statt dessen verhelfe die „sichtbare“ Präsenz von Frauen der rechtsextremen Szene zu einem Imagegewinn. Das Gefahrenpotential der Frauen ist ein mittelbares: sie agieren häufig politisch unauffällig in der Mitte der Gesellschaft, z.B. in Elternbeiräten von Kindertagestätten oder Schulen und geben ihre Überzeugungen dort weiter. Familienstrukturen und Erziehung der Kinder im „nationalen Geist“ stabilisiert die Szene. Die Ideologie der „Volksgemeinschaft“, der „Rasse“ und der „Nation“ habe bei den rechtsextremen Frauen Priorität. Innerhalb dieser nationalsozialistischen Ideologie liege die Rolle der Frau im Erhalt der „Volksgemeinschaft durch gesunden rassenreinen Nachwuchs und Erziehung des Kindes im nationalen Geist“.

Seit 1990 wurden in Ost- und Westdeutschland 39 rechtsextreme Frauenorganisationen gegründet: Aktiv sind vor allem der NPD-nahe „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) und die 2000 neugegründete „Gemeinschaft Deutscher Frauen, die aus einem Zusammenschluss der 1990 gegründeten „Skingirl Front Deutschland“  und dem 1999 gegründeten „Arbeitskreis Mädelschar“ hervorging. Die in den rechtsextremen Frauenorganisationen behandelten Themen reichen laut Kenzo von Kinder und Erziehung, Brauchtum und Kultur bis zu Pädophilie. Außerdem fände ein aktives Anti-Gender Mainstreaming statt.

Über die Strukturen rechter Frauenorganisationen in Sachsen und Ostdeutschland sowie die Aufgabe von Jugend- und Erwachsenenbildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus referierte Susanne Feustel. Sie zeigte an Beispielen die Aktivitäten der - zumeist jungen - Frauen. So konnte sie die enge Zusammenarbeit zwischen rechten Gruppierungen mit der freien Kameradschaftsszene in Sachsen aufzeigen.

Vor diesem Hintergrund zeigten sich die Teilnehmerinnen besorgt über die Absicht der Schwarz-Gelben Bundesregierung, Gelder im Kampf gegen den Rechtsextremismus reduzieren zu wollen.

Astrid Lukas, Referatsleiterin im Ministerium für Soziales und Gesundheit aus Mecklenburg-Vorpommern, stellte die aus EU-, Bundes- und Landesmitteln finanzierte Landeskoordinierungsstelle des Landesprogramms „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken“ vor. Wenn ein Baustein des Finanzierungspatchworks entfalle, sei die Fortsetzung der Arbeit in Frage gestellt.

Nur die SPD hat eine eigene ReferentInnenstelle im Kampf gegen den Rechtsextremismus; sie gehört zum Arbeitsstab „Starke Demokratie“ des Parteivorstandes. Das unterstreicht das starke Engagement der SPD im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Tessa Mollenhauer-Koch erläuterte die Strategien der SPD bei der nachhaltigen Arbeit gegen rechtsextreme Tendenzen.