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Änderungen zum Zuwanderungsgesetz noch vor der Sommerpause

Nach langem Streit zwischen Union und SPD hat der Deutsche Bundestag Ende April in erster Lesung das parlamentarische Verfahren für das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union begonnen. 

 Deutschland ist ein Einwanderungsland, und MigrantInnen als auch Mehrheitsgesellschaft sind zur Integration aufgerufen. Diese sozialdemokratische Haltung wird von der Union nicht geteilt - die Union sieht Veränderungsbedarf im Zuwanderungsgesetz vor allem unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr. Angesichts dieser grundlegenden Differenzen war die Vereinbarung der Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes hinsichtlich der Kettenduldung im Koalitionsvertrag ein sozialdemokratischer Erfolg.

 Es zeigt sich, dass eine Verbesserung besonders für langjährig Geduldete, deren Kinder hier geboren oder aufgewachsen und gut integriert sind, zwingend notwendig ist. Wir wollen den rund 180.000 - darunter fast 50.000 Kindern unter 16 Jahren, für die Deutschland zumeist Heimat ist - hier eine reale Perspektive, die Hoffnung auf ein Leben ohne Transferleistungen ermöglichen. Ihre Zukunft ist ungewiss, weil sie quasi ständig abgeschoben werden können.

Der Angstzustand „Duldung“ und der damit verbundene Teufelskreis „ohne Arbeit keine Aufenthaltserlaubnis, ohne Aufenthaltserlaubnis keine Arbeit“ muss ein Ende finden.

Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Geduldete nach vier Jahren Duldung berufstätig werden dürfen. Außerdem sollen Geduldete, die seit acht Jahren in Deutschland sind (bei Familien seit sechs Jahren), ein Bleiberecht erhalten, wenn sie bis 2009 ein geregeltes Einkommen vorweisen können. Die geplanten Neuregelungen sind allerdings deutlich verbesserungsfähig. So werden geduldete Flüchtlinge gewissermaßen in Sippenhaft genommen: Ist ein Familienmitglied straffällig geworden, können alle weiteren Familienmitglieder aus Deutschland ausgewiesen werden.

 Zwangsehen werden nicht verhindert

Auch bei den vorgesehenen Regelungen rund um die Ehe besteht Diskussionsbedarf. So sollen EhepartnerInnen aus dem Ausland bereits in ihrer Heimat die deutsche Sprache lernen. In vielen ländlichen Regionen besteht aber kein Angebot an Deutschkursen, so dass diese Regelung zu einer sozialen Selektion führt.

Die SPD hat erreicht, dass das Nachzugsalter für EhepartnerInnen von beabsichtigten 21 auf 18 Jahre abgesenkt wird. Hier aber liegt dennoch eine Ungleichbehandlung mit den Einheimischen vor, denn in Deutschland dürfen Jugendliche - auch wenn man diese Regelung selbst kritisch sehen mag - bereits ab 16 Jahren mit Zustimmung der Eltern eine Ehe schließen. Aus meiner Sicht wird entgegen der These der CDU/CSU keine einzige Zwangsheirat verhindert.

Kritisch sehe ich auch, dass in Deutschland lebende Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die ins Ausland heiraten, entsprechend dem Gesetzentwurf keine vernünftig geregelte Rückkehrmöglichkeit haben.

Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, Ausgabe Mai 2007